Opll, Ferdinand/Krause, Heike/Sonnlechner, Christoph, Wien als Festungsstadt im 16. Jahrhundert. Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini. Böhlau, Wien 2017. 578 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Wohl seit seiner Sesshaftwerdung musste der Mensch feststellen, dass er dadurch Feinden stärker ausgesetzt war als während seiner vollständigen Beweglichkeit in der Natur. Dementsprechend erfand er die Befestigung seines Aufenthaltsorts, um sich auf diese Weise gegenüber neuen Angreifern zu sichern. Daran hat sich seit den Anfängen eigentlich nur dadurch etwas geändert, dass die Angreifer Waffen gewannen, mit deren Hilfe sie weite Entfernungen in der Luft überbrücken konnten und können.

 

Wien als von Kelten gegründete und von Römern an dem Ende des ersten nachchristlichen Jahrhunderts fortgeführte, aber 433 n. Chr. grundsätzlich aufgegebene Siedlung konnte sich von dieser allgemeinen Entwicklung nicht ausschließen. Einen einzelnen Aspekt seiner Befestigungsgeschichte behandelt das von  dem früheren Direktor des Stadtarchivs und Landesarchivs Wien, einer Mitarbeiterin der Stadtarchäologie Wien und einem Mitarbeiter des Stadtarchivs und Landesarchivs Wien erarbeitete vorliegende gewichtige Werk. Es gliedert sich nach einer Einleitung über die Mailänder Familie Angiellini samt Werk und Wirken, Wien sowie Terminologie und Onomastik in sieben Sachkapitel. Sie betreffen Natale Angiellini, Nicolò Angiellini, Paolo Angiellini und ihr kartographisches Schaffen in fünf Atlanten (in Wiener, Karlsruher und Dresdener Exemplaren), den dort erfassten Raum (Ungarn und Wien), den frühneuzeitlichen Festungsbau in Theorie und Praxis, den Ausbau Wiens zur Festungsstadt nach der Belagerung durch die Türken von 1529 und die Autopsie und Kontextualisierung der drei Pläne der Angiellini von Wien (Bastei bei dem Burgtor, Bastei zwischen Burgtor und Schottentor, Bastei bei dem Schottentor, Elendbastei, Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer, Neutorbastei, Werdertor, Piattaforma, Biberbastei, Bastei bei den Predigern, Stubentor, untere Paradeisbastei, unteres Zeughaus auf der Seilerstätte, obere Paradeisbastei, Bastei bei dem Kärntner Tor, Augustinerturm und Stadtgraben.

 

Die Verfasser behandeln alle ihre Untersuchungsgegenstände mit größtmöglicher Sorgfalt und gewinnen dadurch zahlreiche detaillierte Einsichten. Die vielfältigen Einzelheiten fassen sie am Ende ansprechend zusammen. Zahlreiche Abbildungen veranschaulichen die sachkundigen Ausführungen, umfangreiche Verzeichnisse der verwendeten Quellen und literarischen Werke ermöglichen die eigenständige Vertiefung und ein ausführliches Register der Orte und Personen von dem der Lage nach unbekannten Aciutzi bis zu  Žumberačka gora (Sichelberger Gebirge westlich Zagrebs in dem Grenzraum Kroatien-Slawonien) schließt den Inhalt benutzerfreundlich auf, so dass insgesamt ein grundlegendes Werk über Wien als Festungsstadt in dem 16. Jahrhundert geboten wird.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler