Jakob, Christian/Schlindwein, Simone, Diktatoren als Türsteher Europas – Wie die EU ihre Grenzen nach Afrika verlagert. Ch. Links Verlag, Berlin 2017. 317 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Die Natur kennt neben dem ständigen, kaum begreiflichen Wandel auch die wiederkehrende Regelmäßigkeit. Danach wechseln sich häufig Erfolg und Misserfolg in kaum vorhersehbarer Weise ab. Ob dies für das bisherige Erfolgsmodell Mensch mit dem ihm eigenen Verstand in der Gegenwart ebenfalls gilt, ist dabei bisher eine wohl noch nicht beantwortbare Frage.

 

Die 1979 bzw. 1980 geborenen, in Bremen, Mailand, Berlin, Buenos Aires und Delhi in Soziologie, Volkswirtschaft und Philosophie bzw. in Osteuropastudien ausgebildeten, als Reporter bzw. Korrespondentin  tätigen Verfasser behandeln sie unter dem Teilaspekt der Migration von Menschen aus dem wirtschaftlich unterlegenen Afrika in das wirtschaftlich prosperierende Europa der Gegenwart. Nach ihrem kurzen Vorwort steht das für Europäer lange wenig interessante Afrika seit dem Sommer 2015 (wieder) in dem Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, seitdem Hunderttausende Flüchtlinge – ermuntert und angelockt durch den verheißenden Slogan „wir schaffen das“ – sich unkontrolliert auf den Weg nach Zentraleuropa machten. „Eine Situation wie im Sommer 2015, kann, soll und darf sich nicht wiederholen“ sagte nunmehr die von ihrem eigenen Volk mangels einer überzeugenden Alternative mehrheitlich bisher noch nicht abgewählte, auf der Suche nach eigenem Ruhm schillernd lavierende Bundeskanzlerin Angela Merkel.

 

Die Verfasser gliedern ihre diesbezüglichen faktenreichen und vielfältig interessanten Darlegungen in insgesamt fünf Teile. Sie betreffen die Schließung der Grenzen mit Hilfe mutmaßlicher Kriegsverbrecher als Partnern, die Vorbilder Türkei und Israel, einen Kontinent in Bewegung mittels Schleppern und Willkommenskultur (auf Kisuaheli), Europas neue Grenzen in Afrika mit Zäunen im Sahel bei gleichzeitigem Schengen für uns sowie Sterben, wo andere Urlaub machen und am Ende die Wirtschaftsförderung in Afrika zwecks Kontrolle der Migration. Dabei zeigt sich im Ergebnis eine Gegensätzlichkeit von Vorstellungen, indem die vordergründig pseudohumane Europäische Union nunmehr intern von geschützten eigenen Grenzen und Öffnung der fremden Märkte träumt, das infolge natürlicher Fruchtbarkeit überbordende Afrika dagegen von offenen Grenzen gegenüber dem reichen Europa und geschützten eigenen Märkten und unklar ist, ob und wie lange der Mensch mit all seiner Vernunft den angesichts der Globalisierung naheliegenden Konflikt friedlich lösen kann, ehe möglicherweise wieder die Natur eingreift.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler