Dirks, Florian, Konfliktaustragung im norddeutschen Raum im 15. und 16. Jahrhundert (= Nova Mediaevalia. Quellen und Studien zum europäischen Mittelalter 14). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2015, 341 S. Besprochen von Gudrun Pischke.

 

Anhand von beispielhaft ausgewählten Fehden im norddeutschen Raum mit geographischen Schwerpunkt auf den Städten Bremen, Lüneburg und Hildesheim (S. 83), spürt der Autor Konfliktlösungen ausgebrochener Fehden nach und handelt sie in fast chronologischer Abfolge ab: aus dem 14. Jahrhundert die Fehde der Herren von Mandelsloh gegen die Stadt Bremen (1380/1381) und aus dem 15. Jahrhundert die Hornburger Fehde (1425-1443), die Fehde der Familie Klencke gegen die Stadt Bremen (1455), die Fehden des Grafen Gerhard von Oldenburg gegen Bremen (1460er und 1470er Jahre), die Konflikte um die Pfandburg Bleckede (1450er-1470er Jahre) und die Hildesheimer Bischofsfehde (1471-1474). Das Hauptaugenmerk liegt auf den zur Konfliktlösung angesetzten Tagfahrten und den dortigen Akteuren sowie die über die Fehde berichtende Historiographie.

 

Vor Darlegung und Analyse der sechs Fallbeispiele ordnet der Verfasser in der umfangreichen Einführung einleitend (1.1) die „vorliegende Arbeit ... als ein Beitrag zur ‚Geschichte der Konfliktlösung und des Kriegsendes auf dem Weg zu einem dauerhaften Frieden‘“ ein (S. 15), stellt den Forschungsgegenstand (1.2) sowie Quellenlage und Quellenauswahl (1.3.) vor und formuliert als Ziel seiner Studie „zu untersuchen, bei welchen als Fehde geführten Auseinandersetzungen sich die Konfliktparteien persönlich zu Verhandlungen im Rahmen einer sogenannten Tagfahrt trafen oder einen Vermittler hinzuzogen, statt die Parteien über ein Schiedsgericht zu sühnen“ (S. 84) und sieht dadurch die Diskussion über das Fehdewesen u.a. um die Untersuchung des Phänomens der Tagfahrt bereichert (S. 86).

 

Die Fallbeispiele (2.) gehen den ausgewählten Fehden hinsichtlich Ursachen, Konfliktlage, Kontext, Akteuren, Quellenlage, Austrag und Beilegung nach wie auch ihrer Wahrnehmung in der Historiographie, um in der „Vergleichenden Analyse“ (4.) besonders die Tagfahrten zur gütlichen Beilegung der Fehden nach Kriterien wie Zeit, Ort, Teilnehmerkreis, Verfahren, Sanktionierungen in den Blick zu nehmen. In der Zusammenfassung (4.) wird anhand von elf Punkten aufgezeigt, wo die vorliegende Studie über bisher Bekanntes hinausgeht und neue Wege weist, und wird abschließend festgehalten, dass die Untersuchung der Praxis, direkte Kommunikation zwischen Fehdegegnern auf Tagfahrten anzuwenden, dazu beitrage, ein weitaus differenzierteres Bild der Gesellschaft des spätmittelalterlichen Reiches zu zeichnen, dass die spätmittelalterlichen Zeitgenossen Kommunikation viel nuancierter einsetzten, als bisher abgenommen, und dass damit die Vorstellungen über allgegenwärtige Gewaltanwendung zwischen Herrschaftsträgern für die Zeit von 1380 bis 1480 als überholt anzusehen sei (S. 271).

 

Dieser durchaus scharfsinnigen Analyse der Konfliktaustragung im norddeutschen Raum anhand der sechs Fallbeispiele steht eine gewisse Unsicherheit bei der Verwendung der Titel der welfischen Herzöge und der Bezeichnung ihrer auf Teilungen des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg zurückgehenden Herrschaftsbereichen, ihrer Lande, den Fürstentümern, gegenüber sowie auch bei der Zuordnung einiger der welfischen Herzöge im Register. Es war kein Herzogtum Lüneburg (S. 92, 109, 156), sondern das Fürstentum Lüneburg, auch kein Herzogtum Ottos des Quaden (S. 114), sondern Fürstentum, gemeint ist das Fürstentum Göttingen im Süden des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg. In den Titel der Herzöge in den Urkunden spiegeln sich die Fürstentümer nicht wider, sie waren entweder Herzöge von Braunschweig wie Otto der Quade oder Herzog von Braunschweig und Lüneburg wie die Herzöge im Fürstentum Lüneburg und später auch die Herzöge in den Fürstentümern Braunschweig und Calenberg. Die Namensgleichheit von Herzögen hat im Register zu Zusammenziehungen zweier Personen zu einer geführt. Der in den 1460er Jahren genannte Herzog Otto (S. 251) ist zu trennen von dem 1425/1426 genannten Otto (S. 136A, 137, 138, 141, 239). Es handelt sich um Onkel und Neffen. Gleiches gilt für Herzog Friedrich. Der im Zusammenhang mit der Hildesheimer Bischofsfehde genannte Friedrich, Sohn Herzog Wilhelms des Älteren, (S. 214, 218) ist nicht gleichzusetzen mit dem in die Hornburger Fehde involvierten Herzog Friedrich (S. 123, 136A, 138, 141, 183, 239). Dem askanischen Herzog Albrecht von Sachsen-Wittenberg, 1370-1385 Herzog im Fürstentum Lüneburg, wird im Register nicht nur Herzog Albrecht von Braunschweig im Fürstentum Grubenhagen des 15. Jahrhunderts zugeordnet (S. 216), sondern auch ein Autor mit Nachnamen Albrecht. Andere im Text genannte Personen wie Wilhelm von Holland (S. 256) sind nicht in das Register aufgenommen, hingegen von derselben Seite Karl IV. Derartige Unstimmigkeiten erschweren die Nutzung der vorliegenden Arbeit. Außer dem Register zu Orten und Personen (8.) gibt es noch eines zu ausgewählten Sachbegriffen (9.) und – wie üblich – Quellen- und Literaturverzeichnis (7.) und Abkürzungsverzeichnis. Warum aber im Zusammenhang mit den ausgewählten Fallbeispielen eine Tabelle der „Tagfahrten und Treffen der Herzöge Magnus und Albrecht von Braunschweig-Lüneburg während des Erbfolgestreites“ (5.) angehängt worden ist, lässt sich nicht erschließen.

 

Bovenden                                                                  Gudrun Pischke