Das Reichsjustizministerium unter Otto Thierack (1942-1945), Teil 1 Amt für Neuordnung der Deutschen Gerichtsverfassung (Berichte von 1943/44 über den Besuch von 13 Oberlandesgerichtspräsidenten), Amt für Nachwuchsfragen (Juni/Juli 1944), hg. v. Schubert, Werner (= Rechtshistorische Reihe 472). Lang, Frankfurt am Main 2017. XX, 327 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Ein Justizministerium eines Staates verwaltet grundsätzlich federführend die Justiz dieses Staates. Da das Deutsche Reich zwischen 1933 und 1945 unter der Reichskanzlerschaft Adolf Hitlers und damit der Herrschaft der nationalsozialistischen Ideologie stand, fragt sich auch und gerade, inwieweit die Justiz parteipolitisch geführt wurde. Dabei ist nicht nur die Person des jeweiligen Justizministers bedeutsam, die hinsichtlich Otto Thieracks bereits von Konstanze Braun in ihrer Untersuchung über Dr. Otto Georg Thierack (1889-1946) (= Rechtshistorische Reihe 325) in dem Jahre 2005 betrachtet wurde, sondern auch die Gesamtheit der dem jeweiligen Ministerium entstammenden Rechtsquellen.

 

Der vorliegende Band bringt nach der sachkundigen Einleitung des erfahrenen Herausgebers in dem ersten Teil die Berichte über die Bereisung von Oberlandesgerichtsbezirken durch das Amt des Reichsjustizministeriums zur Neuordnung der deutschen Gerichtsverfassung zwischen Juni 1943 und Mai 1944 mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse der Aussprache zwischen meist zwei Mitgliedern des die Berichte abfassenden Amtes mit den Oberlandesgerichtspräsidenten, den Landgerichtspräsidenten und weiteren Richtern. Die darüber hinaus angelegten Akten konnten trotz ihrer Bedeutung wegen ihres Umfangs allerdings nicht in die Ausgabe nicht einbezogen werden. Erfasst sind dabei 13 Oberlandesgerichtsbezirke.

 

In dem zweiten Teil werden die Arbeitstagungen des Amtes des Reichsjustizministeriums für Nachwuchsfragen berücksichtigt. Dies betrifft die Arbeitstagungen in Leitmeritz von dem 8. bis 10. Juni 1944 und von dem 6.-8. Juli 1944. Damit bietet die verdienstvolle Edition der bisher nicht veröffentlichten Quellen interessante weiterführende Einblicke in die Ansichten von Richtern zu Reformfragen und in die Problematik der Gewinnung von Nachwuchs für den höheren Justizdienst während der nationalsozialistischen Herrschaft, die zeigen, dass neben der politisch bestimmten Ideologie auch die seinerzeit gewichtigen praktischen Organisationsprobleme erhebliches Gewicht hatten.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler