Das Reformatorenlexikon, hg. v. Dingel, Irene/Leppin, Volker. Wissenschaftliche Buchgesellschaft/Lambert Schneider, Darmstadt 2013, 2. unv. Aufl. (Sonderausgabe) 2016. 304 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Auf der Welt gibt es die vielfältigsten Formen der unterschiedlichsten Gegebenheiten, die dem Benutzer oder Betrachter gefallen oder missfallen können, so dass er sie begrüßt oder ablehnt. Dies gilt auch für die Religion als dem Ergriffenwerden von dem Göttlichen oder Übermenschlichen, das dem Menschen Erklärung, Geborgenheit und Zufriedenheit verschaffen oder Ratlosigkeit, Angst und Verzweiflung belassen kann. Entsprechend diesen Gegebenheiten kann eine Entwicklung, die abgelehnt wird, zu einer Sehnsucht nach einer früheren und als gut angesehenen Form führen und folglich Reformatoren auf den Plan rufen, ohne dass im Gefolge sich Wiederherstellung und Neuerung sicher trennen lassen.

 

Dies war beispielsweise in Europa seit dem 15. Jahrhundert der Fall, als vor allem das die Geldwirtschaft in die Religion einbringende Ablasswesen die Frage erheben ließ, ob der Reiche leichter in das Reich Gottes kommen solle, dürfe, könne oder müsse als der Arme. Auf dieser Grundlage wurde Martin Luther für die Deutschen zu ihrem wichtigsten Reformator im Glauben, der vor 500 Jahren Vorstellungen verbreitete, die für zahlreiche Menschen neue Hoffnung in Bezug auf göttliche Geborgenheit auslösten, aber in der Wirklichkeit auch mit Krieg, Tod und Vernichtung enden konnten. Eine lexikalische Sammlung solcher wie Luther eine Reformation des religiösen Lebens zum alten und gleichzeitig guten Glauben anstrebender Menschen ist ein nach Ausweis des Karlsruher Virtuellen Katalogs bereits 1984 von Robert Stupperich unternommenes Unterfangen, das die Herausgeber 2014 bzw. nach Verlagsangaben 2013 ebenfalls aufgegriffen haben.

 

Unter dieser Vorstellung vereint der vorliegende, von Irene Dingel n der evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Mainz und Volker Leppin in Tübingen herausgegebene Sammelband Lebensbilder Michael Agricolas, Nikolaus von Amsdorfs, Jakob Andreaes, Robert Barnes‘, Theodor Bezas, Andreas Bodensteins von Karlstadt, Johannes Brenz‘, Guy de Brés‘, Martin Bucers, Johannes Bugenhagens, Heinrich Bullingers, Johannes Calvins, Martin Chemnitz‘, Petrus Dathenus‘, Matthias Flacius Illyricus‘, Argula von Grumbachs, Johannes Honterus‘, Balthasar Hubmaiers, John Knox‘, Johannes à Lascos, Martin Luthers, Philipp Melanchthons, Thomas Müntzers, Bernardino Ochinos, Johannes Oekolampads, Andreas Osianders des Älteren, Peter Palladius‘, Olaus Petris, Casiodoro de Reinas, Katharina Schütz-Zells‘, Kaspar Schwenckfelds von Ossig, Menno Simons‘, Lellio Sozzinis und Fausto Sozzinis, Primus Trubers, William Tyndales, Juan de Valdés, Petro Paolo Vergerios des Jüngern, Andreas Velanus‘, Valentin Wagners und Huldrych Zwinglis. Damit sollen solche Personen zusammengeführt werden, die an unterschiedlichen Orten Europas im früheren 16. Jahrhundert zentrale Funktionen für die Verbreitung reformatorischer Gedanken oder für die Einführung der Reformation ausübten. Ein Ortsregister von Abo bis Zwickau und ein Personenregister von Adlischwyler bis Zwingli schließen den von 34 Autoren geschaffenen und mit kleinen Abbildungen versehenen, interessanten, in einer Sonderausgabe unverändert erneut aufgelegten Band zum Wohle der Reformation für den interessierten Leser benutzerfreundlich auf.

 

Innsbruck                                                      Gerhard Köbler