Trommer, Isabell, Rechtfertigung und Entlastung. Albert Speer in der Bundesrepublik. Campus, Frankfurt am Main. 2016. 367 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Als der Braunauer Kunstfreund Adolf Hitler seine nationalsozialistische Bewegung gründete, hatte er auch ein bestimmtes menschliches Schönheitsideal, dem er und viele seiner Anhänger nicht in jeder Hinsicht entsprachen. Theoretisch sollten die Arier groß, schlank, blond und blauäugig sein, aber manche Parteigenossen waren auch durchaus beleibt wie andere Volksgenossen auch. Als fotogen war vor allem Berthold Konrad Herrmann Albert Speer anzusehen, der in einer Architektenfamilie in Mannheim am 19. März 1905 geboren wurde, selbst Architektur studierte, von Hitler 1937 zum Generalbauinspektor für Berlin und nach dem Flugzeugabsturz Fritz Todts 1942 zum Rüstungsminister ernannt, 1946 aber wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde, die er in dem Kriegsverbrechergefängnis Spandau bis zu dem 1. Oktober 1966 vollständig verbüßte.

 

Sein Leben und Wirken waren bereits vielfach Gegenstand von Veröffentlichungen. Dazu gehörten einerseits eigene Erinnerungen des Jahres 1969, die von Ulrich Schlie herausgegebenen Kransberg-Protokolle von Juni bis September 1945, die Auseinandersetzung mit der SS (1981) und die Spandauer Protokolle des in London am 1. September 1981 gestorbenen Albert Speer, andererseits Biographien etwa Adelbert Reifs, Matthias Schmidts, Joachim Fests und anderer. Das vorliegende, 2015 als Dissertation an der Universität Frankfurt an der Oder angenommene Werk konzentriert sich auf das Verhalten Speers nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft.

 

An Hand der Rezensionen zu den Werken Speers kann die Verfasserin zeigen, dass die Darstellung Speers einschließlich seiner Selbstbeschreibung als unpolitischer Fachtechniker von der Allgemeinheit bereitwillig aufgenommen wurde. Nach seinem Verteidiger in Nürnberg musste Speer sogar Hitler verraten, um seinem Volk treu zu bleiben. Demgegenüber führt die Verfasserin die relative Beliebtheit Speers in der Bundesrepublik vor allem auf seinen gekonnten, wahrheitsfremden Umgang mit der Vergangenheit und seine mediale Unterstützung durch den einflussreichen Verleger und den erfolgreichen Lektor und Biographen Joachim Fest zurück.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler