Thompson, Dominik A., Krieg ohne Schaden. Vertragsstreitigkeiten und Haftpflichtprozesse im Kontext von Kriegswirtschaft und Staathaftungskonjunktur ausgehend von der Rechtsprechung des Landgerichts Bonn während des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 89). Mohr Siebeck, Tübingen 2015. XII, 338 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der Krieg als ein meist viele Menschen betreffendes umfassendes Ereignis ist grundsätzlich auf die Unterwerfung oder Vernichtung des Gegners gerichtet und führt deswegen in der Regel zu besonders vielen und großen Schäden. Dies kann vielfältige Folgen nach sich ziehen, weil Geschädigte nahezu immer versuchen werden, ihre Schäden auf andere zu überwälzen. Allein deswegen bereits erregt eine Untersuchung mit dem Titel Krieg ohne Schaden Aufmerksamkeit.

 

Das vorliegende Buch ist nach seinem Vorwort die in einer recht langen Zeit zwischen dem ersten Blick in die Akten und der Drucklegung geschaffene, geringfügig überarbeitete und um eine Zusammenfassung erweiterte, von Hans-Peter Haferkamp betreute und im März 2013 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Köln angenommene Dissertation des 1977 geborenen, in Rechtswissenschaft in Wien und Poitiers ausgebildeten, ab 2002 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Wien und von 2007 bis 2010 an der Universität Köln sowie seit 2012 als Rechtsanwaltsanwärter in Wien tätigen Verfassers. Sie gehört in den Rahmen des von der Fritz Thyssen-Stiftung geförderten interdisziplinären Forschungsverbunds Justiz im Krieg – Der Oberlandesgerichtsbezirk Köln 1939 bis 1945. Sie gliedert sich nach einer Einleitung über Forschungsstand, Rahmenbedingungen und Auswirkungen des Krieges in vier Kapitel über „Kriegsrecht“ und totaler Krieg, Umsatzgeschäfte und Kriegswirtschaft, deliktische Sorgfalt unter „Kriegsverhältnissen“ und Verkehrsunfallprozesse mit Wehrmachtbeteiligung.

 

Untersucht wurde insgesamt, wie die Rechtsprechung des Landgerichts Bonn während aufrechter nationalsozialistischer Herrschaft mit Problemen des zweiten Weltkriegs in Schadensersatzprozessen und Rechtsstreitigkeiten wegen Umsatzgeschäften verfuhr. Im Ergebnis kann dabei der Verfasser eine grundsätzliche oder zunehmende Rechtsverweigerung unter Hinatanstellung individueller Intereessen (!) nicht als für das Kriegsverfahrensrecht kennzeichnend feststellen. Vielmehr kann er überzeugend zeigen, dass vor dem Landgericht Bonn während des Zweiten Weltkriegs das Deutsche Reich besonders häufig verklagt wurde und häufiger verlor als andere, und zwar nach den Einsichten des Verfassers nicht trotz der nationalsozialistischen Politk eines „totalen Krieges“,  sondern wegen ihr.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler