Promnitz, Christin, „Besserung“ und „Sicherung“. Eine terminologisch-historische Untersuchung zur Bezeichnung der strafrechtlichen Maßregeln (= Quellen und Forschungen zur Strafrechtsgeschichte 13). Erich Schmidt, Berlin 2016. 424 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Seit langem hat der Mensch für die Menschheit Verhaltensregeln für ein möglichst störungsfreies Zusammenleben in der Gemeinschaft entwickelt, bei deren durchgehendem Einhalt Konflikte weitgehend vermieden werden könnten. Da der Mensch aber von seinen ersten Anfängen an vor allem die egoistische Durchsetzung seiner individuellen Interessen anstrebt, entstehen unter Bruch dieser Verhaltensanforderungen ständig Verletzungen von Mitmenschen. Ein Versuch, sie zu minimieren, ist die Erfindung des Strafrechts spätestens in dem Altertum und seine Wiederentdeckung in dem Heiligen römischen Reich seit dem Hochmittelalter, ein weiterer, modernerer Versuch die Entwicklung der Maßregeln der Besserung  und Sicherung.

 

Mit ihm beschäftigt sich  die von Uwe Scheffler betreute, im Sommersemester 2015 von der juristischen Fakultät der Universität Frankfurt an der Oder angenommene Dissertation der nur von den lieben und liebsten Menschen der Welt umgebenen Verfasserin, die von Franz von Liszt Wirkungen Besserung, Abschreckung und Unschädlichmachung  der Strafe zum Schutze der Rechtsgüter (1882) ausgeht. Gegliedert ist die ansehnliche Untersuchung nach einer Einleitung in vier Sachkapitel. Diese betreffen Besserung und Sicherung nach Franz von Liszt in der Reihenfolge Sicherungsmaßregeln und Besserung, Besserung und Sicherung in dem Strafrechtsdiskurs vor 1933 (Vorentwurf von 1909, Gegenentwurf zum Vorentwurf von 1911, Kommissionsentwurf von 1913, Entwurf von 1919,  österreichischer Gegenentwurf zum Entwurf von 1919, Entwurf Radbruch  von 1922, Reichsratsvorlage von 1925, Strafvollzugsgesetzentwürfe von 1927, Reichstagsvorlage von 1927, Beratungen des Entwurfs 1927, Entwurf von 1930), Besserung und Sicherung in dem Gewohnheitsverbrechergesetz aus dem Jahre 1933 und in der anschließenden Literatur sowie den Titel des Maßregelabschnitts in den Reformbestrebungen  und Novellierungen nach 1933 (bis 2013).

 

Nach ihrem ansprechenden Ergebnis lässt der Bedeutungsgehalt  der Maßregeln aus der bis in das 17. Jahrhundert zurückreichenden Entstehungsgeschichte der Maßregeln nicht ableiten, weil zu keiner Zeit eine ausdrückliche Definition erfolgte, obwohl Franz von Liszts Begriffsverwendung (Sicherung als Unschädlichmachung) an sich durchaus stringent und konsequent war. Nach den Ermittlungen der Verfasserin ist Besserung eine Überlieferung der Gefängnisreformer und mit Freiheitsentzug und Arbeitszwang verbunden. Für die Zukunft spricht sich die Verfasserin  für eine Ersetzung von Besserung durch Resozialisierung aus, so dass künftig von Präventivmaßregeln der Resozialisierung und Sicherung gesprochen werden sollte, wenn nicht eine Kategorisierung der Maßregeln gänzlich  unterlassen wird, so dass der sechste Titel des dritten Abschnitts des Allgemeinen Teiles des Strafgesetzbuchs stattdessen nur mit Maßregeln, Schutzmaßregeln, Schutzmittel, Maßregeln zur Gefahrenabwehr, Präventivmaßregeln oder Präventionsmaßregeln überschrieben wird.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler