Plumpe, Werner, Carl Duisberg. 1861-1935. Anatomie eines Industriellen. Beck, München 2016. 992 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Carl Duisberg wurde in Barmen am 29. September 1861 als Sohn eines webenden Heimarbeiters mit kleiner Landwirtschaft geboren und nach einem Studium der Chemie in Göttingen und Jena (1879-1882) mit einer Dissertation über Acetessigester promoviert. 1883 begann er seine Tätigkeit bei den Farbenfabriken vorm.  Fried. Bayer & Co AG in Elberfeld, für die er am chemischen Institut der Universität Straßburg verschiedene Erfindungen machte. Auf Grund seiner Leistungen und seiner rasch entwickelten Freundschaft zu Friedrich Bayer wurde er 1912 Generaldirektor und Vorstandsvorsitzender der Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co. und später  Mitgründer der Interessengemeinschaft Farben.

 

Mit seinem Leben befasst sich die umfangreiche, durch Abbildungen bereicherte Biographie des in Bielefeld 1954 geborenen und nach dem Studium der Geschichte und Wirtschaftswissenschaft in Bochum 1987 mit einer Untersuchung über die Wirtschaftsverwaltung und Unternehmerverbände  in der britischen Zone auf dem Weg vom Plan zum Markt und 1994 mit einer Habilitationsschrift über betriebliche Mitbestimmung in der Weimarer Republik an Hand von Fallstudien zum Ruhrbergbau und zur chemischen Industrie sowie Arbeiten zu Wirtschaftskrisen hervorgetretene, seit 1999 an der Universität Frankfurt am Main Wirtschaftsgeschichte und Sozialgeschichte lehrende Verfasser. Er verwertet dabei insbesondere auch den reich überlieferten Schriftverkehr. Dementsprechend steht das geschäftliche Wirken in dem mit großer Sachkunde verfassten Werk im Vordergrund.

 

Während seiner seh erfolgreichen Tätigkeit blieb Duisberg lebenslang Angestellter, handelte aber wie ein Eigentümer, wobei er Widerspruch grundsätzlich ablehnte. Auf Grund seiner Vorstellungen wurde ab 1890 eine moderne Chemiefabrik in Leverkusen  errichtet, aus der letztlich ein auf zahlreiche patentierte Erfindungen gestützter weltweit handelnder Großkonzern hervorging. Während des ersten Weltkrieges ließ Duisberg Gaskampfstoffe herstellen und setzte sich noch im Herbst 1918 für die Fortsetzung des Krieges ein, verband sich dann aber opportunistisch mit den von ihm privat als Pöbel bezeichneten neuen politischen Kräften, wobei er aber 1925 nicht Vorstandsvorsitzender, sondern nur Aufsichtsratsvorsitzender der IG Farben wunde. förderte anschließend eine von dem Parlament geduldete Präsidialregierung und passte sich nach Adolf Hitlers Ernennung zum Reichskanzle des Deutschen Reiches dem Nationalsozialismus als vor allem auf Ordnung bedachter Technokrat ohne grundlegende politische Überzeugung vorsichtig an, bis er in Leverkusen am 19. März 1935 als  grundsätzlich erfolgsorientierter, selbstbewusster Industrieller starb.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler