Mugridge, Alan, Copying Early Christian Texts – A Study of Scribal Practice (= Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament 362). Mohr Siebeck, Tübingen 2016. XX, 558 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Alle schriftlichen Zeugnisse des Menschen haben wie alle anderen universalen Gegebenheiten wegen der allgemeinen Zeitlichkeit eine Geschichte. Sie ist grundsätzlich umso interessanter, je älter die Texte sind und je größer ihre Bedeutung für die Menschen insgesamt ist. Von daher gebührt den frühen christlichen Zeugnissen und ihrer Entwicklungsgeschichte besondere Aufmerksamkeit.

 

Mit einem wichtigen Aspekt dieses Sachgegenstands beschäftigt sich die vorliegende gewichtige Untersuchung des 1952 geborenen, 1974 in Sydney zum Bachelor of Arts graduierten und nach weiteren Qualifikationen in Australien, Neuengland und Tansania seit 1993 als Lecturer bzw. Senior Lecturer in New Testament an dem Sydney Missionary and Bible College wirkenden Verfassers. Nach dem kurzen Vorwort des Werkes ging er bei dem Beginn seiner Untersuchung von Greg Horsleys Vorstellung aus, dass die frühen Christen Abschriften ihrer Texte in drei Stufen herstellten, wobei die Abschreiber vielfach ohne professionelle Erfahrung und ohne notwendige Vorlagentreue vorgingen. Dementsprechend stellte er sich die Aufgabe, ob die noch vorhandenen griechischen Papyri diese allgemeine Annahme stützen, wofür er nach der Ermittlung aller bekannten, vor etwa 400 entstandenen einschlägigen Papyri 2004 eine Studienreise nach Europa und in das Vereinigte Königreich von Großbritannien unternahm.

 

Gegliedert ist sein in vielen Jahren entstandenes, durch ein umfangreiches Schrifttumsverzeichnis, zwölf Übersichten (Tables), eine Konkordanz, einen Index der Veröffentlichungen der Papyri, einen Index alter Quellen in Papyri, ein Verzeichnis antiker wie moderner Autoren sowie ein kurzes, von Abbreviations bis etwa Verso reichendes Sachregister publikumsfreundlich abgerundetes und jeden Interessierten zweifelsohne sehr beeindruckendes Werk in sechs Kapitel über Papyri und ihre Niederschrift, Inhalt, Schreibstoff, Form und Größe, Seitengestaltung, Lesehilfen, Niederschrift des Textes und Ergebnis. Erfasst sind dabei nach dem auf den Seiten 160 bis 410 abgedruckten Katalog insgesamt 548 Papyri seit dem zweiten (nachchristlichen) Jahrhundert, während etwa 40 Papyri ausgeschlossen wurden. Im Ergebnis gelangt der Autor auf dieser umfassenden Grundlage zu der überzeugenden Erkenntnis, dass die Abschreiber der christlichen Texte im Griechischen kundige Berufsschreiber waren, die keine Veränderungen aus besonderen inhaltlichen Überzeugungen vornahmen, aber, wie ein Vergleich mit nichtchristlichen Texten ergab, vorgefundene Fehler wie bei allen sonstigen Texten übernahmen.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler