Mück, Wolfgang, NS-Hochburg in Mittelfranken. Das völkische Erwachen in Neustadt an der Aisch 1922-1933 (= Streiflichter aus der Heimatgeschichte, Sonderband 4). Geschichts- und Heimatverein Neustadt an der Aisch. Neustadt an der Aisch 2016. 398 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Der nach dem ersten Weltkrieg mit der politischen Beobachtung der Deutschen Arbeiterpartei beauftragte, am 19. 10. 1919 in sie eintretende und seitdem von einem Niemand zu einem an der Macht interessierten Politiker gewandelte Adolf Hitler strahlte nach wenigen Jahren seines kämpferischen Wirkens so stark in das Umland aus, dass im März 1923 eine Ortsgruppe seiner im Februar 1920 umbenannten Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei in Neustadt an der Aisch gegründet wurde. Die Kleinstadt in Mittelfranken zählte zu dieser Zeit knapp 5000 Einwohner und die Ortsgruppe gewann unter Förderung durch den Brauereiinhaber Wilhelm Burkart und den früheren Bürgermeister Andreas Schildknecht bis Jahresende rund 200 Mitglieder. Am 5. August 1923 sprach  Adolf Hitler  vor rund 20000 Menschen aus Stadt und Umland vor Ort.

 

Der in Mähren zu Beginn des zweiten Weltkriegs geborene Wolfgang Mück, der in Würzburg 1968 mit einer Dissertation über Deutschlands erste Eisenbahn mit Dampfkraft zwischen Nürnberg und Fürth promoviert wurde, selbst als Bürgermeister in Neustadt an der Aisch wirkte und in der Folge die Ernennung zum Ehrenbürger erhielt, zeichnet die Entwicklung umsichtig und ausführlich nach. Nach Verbot der Partei als Folge des Putschversuchs Hitlers vom 8./9. November 1923 und der Wiederbegründung im Frühjahr 1925 stieg die Zahl der Mitglieder der Ortsgruppe unter dem vom gelernten Kellner zum Händler von Kohlen und Kolonialwaren aufgestiegenen Leiter Fritz Erlwein  (1929) auf fast 400 Mitglieder. Nach einem  Volksentscheid und Neuwahlen errang  die Partei 1931 die Mehrheit in dem Stadtrat Neustadts, folgte darin Coburg und ernannte Hitler 1932 zu einem Ehrenbürger.

 

Grundlage des vorliegenden, durch Abbildungen veranschaulichten detaillierten Werkes ist eine im Wesentlichen von dem späteren Bürgermeister Karl Ströbel (1960-1972) verfasste Chronik der  Partei zwischen  1923 und 1933, die aus zusätzlichen Quellen ergänzt wurde. Als führende Kräfte im Kampf gegen die etwa 100, teilweise als Händler erfolgreichen Juden der Stadt ermittelt der Verfasser neben Fritz Erlwein die Lehrer Otto Roth und Fritz Schöller. Von ihnen starb Otto Roth 1932, Fritz Erlwein 1945 auf der Flucht und konnte Fritz Schöller später wieder in den Schuldienst eintreten, doch gelang erst mehr als 70 Jahre nach der Beendigung der nationalsozialistischen Herrschaft eine umfassende Veröffentlichung der Fakten über die damaligen politisch-fanatischen Entwicklungen bezüglich (der Namen) der seinerzeit begeisterten, Recht vielfach verletzenden Täter.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler