Milgram, Jonathan S., From Mesopotamia to the Mishnah (= Texts and Studies in Ancient Judaism 164). Mohr Siebeck, Tübingen 2016. XXI, 201 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Die Entstehungsgeschichte früher Texte ist vielfach, auch wenn sie später große Bedeutung erlangt haben, im Einzelnen wegen der dürren Quellenlage unklar. Dessenungeachtet ist sie stets von besonderem Interesse. Deswegen ist jeder Fortschritt in dieser Richtung stets sehr zu begrüßen.

 

Mit einem Aspekt der Herkunft der Mischna als der aus 63 Traktaten in sechs Ordnungen gebildeten, um 200 n. Chr. abgeschlossenen Sammlung der jüdischen Lehre als der gewohnheitsrechtlich erweiterten Wiederholung der alten Gesetze beschäftigt sich das vorliegende schlanke Werk des 1971 geborenen, 1995 den Bachelor of Arts der Columbia University erwerbenden und nach der Ordination zum Rabbiner promovierten, zuletzt als Associate Professor of Talmud and Rabbinics an The Jewish Theological Seminary in New York tätigen Verfassers. Es gliedert sich nach einer Einführung in fünf Kapitel. Sie betreffen Geben und Erben in dem tannaitischen Recht und in dem Altertum, das Erstgeborenenrecht, die Testaterbfolge, das Erbrecht von Töchtern und das Erbrecht von Ehefrauen.

 

Der Verfasser nennt in seinem Vorwort klar und knapp die drei von ihm mit seiner Untersuchung verfolgten Ziele. Im Ergebnis gelangt er zu der ansprechenden Erkenntnis, dass das jüdische Erbrecht nicht wirklich zweifelsfrei jüdisch ist, weil es oft nicht mehr mit der jüdischen Bibel harmoniert. Nach seiner Überzeugung sind viele Vorstellungen des tannaitischen Rechtes einfach Teil sehr alter allgemeiner Erbrechtsgestaltungen des Nahen Ostens und des Mittelmeerraums, so dass er am Ende wegen der tannaitischen Lebensverhältnisse von Kernfamilien auf Land in urbanen Zentren  die allgemeinere Frage zu stellen wagt, wie jüdisch das jüdische Recht insgesamt eigentlich ist.

 

Innbsruck                                                       Gerhard Köbler