Mayer, Hans Eberhard, Von der Cour des Bourgeois zum öffentlichen Notariat. Die freiwillige Gerichtsbarkeit in den Kreuzfahrerstaaten (= Monumenta Germaniae Historica, Schriften 70). Harrassowitz, Wiesbaden 2016. XXXIV, 526 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Die vier Kreuzfahrerstaaten im eigentlichen Sinne sind die als Folge des ersten christlichen Kreuzzugs gegen islamische Mächte in dem heutigen Gebiet von Palästina und Syrien zwischen 1098 und 1109 errichteten Staaten (Königreich Jerusalem, Fürstentum Antiochia, Grafschaft Edessa und Grafschaft Tripolis). Sie fielen in wechselvollen Kämpfen während des 13. Jahrhunderts allmählich wieder an islamische Herren zurück. Dessenungeachtet sind die allgemein als Franken bezeichneten Kreuzfahrer mit ihrem Gebiet Outremer ein fester und interessanter Bestandteil der mittelalterlichen europäischen wie auch deutschen Geschichte.

 

Mit ihr hat sich der 1932 in Nürnberg geborene, in Berlin aufgewachsene, in Geschichte, Englisch und Latein  in Heidelberg und Innsbruck ausgebildete, 1955 bei Pasrl Pivec in Innsbruck mit einer Dissertation über das Itinerarium regis Ricardi promovierte, 1964 in Innsbruck habilitierte und von 1967 an in Kiel als Professor für mittlere und neuere Geschichte lehrende und forschende Verfasser seit vielen Jahrzehnten intensiv und engagiert befasst. 1960 veröffentlichte er eine Bibliographie der Kreuzzüge mit weit mehr als 5000 Titeln, 1965 eine seitdem zehn Auflagen erfahrende Geschichte der Kreuzzüge. Dem folgten 1996 zwei Bände über die Kanzlei der lateinischen Könige von Jerusalem und 2010 vier Bände über die Königurkunden von Jerusalem in der Zeit der Kreuzzüge mit insgesamt 836 Urkunden, so dass der auch als Koeditor der Urkunden der Rudolfinger in Burgund hervorgetretene Verfasser wohl der beste Sachkenner der im vorliegenden eindrucksvollen Werk behandelten Sachgegenstände ist.

 

Gegliedert ist das vorzügliche Werk in zwei Teile. Davon betrifft der erste Teil die Cours des Bourgeois in Jerusalem, Akkon und weiteren Orten im Spiegel der Rechtsbücher und Urkunden, während der zweite Teil die Konkurrenten  der Cour des Bourgeois in den Blick nimmt (Haute Cour, Kirche, Quartiersgerichte, öffentliche Notare) und dabei zwölf Fallbeispiele für Notare von Ogerio Pane bis Bartolomeo de Paganellis ausführlich erörtert. Fünf Anhänge (Urkundentexte aus der Tätigkeit der Cours de Bourgeois und des Patriarchengerichts, Liste der Vizegrafen und Cours des Bourgeois in den Kreuzfahrerstaaten, Standesqualität der Vizegrafen, Liste der insgesamt 124 öffentlichen Notare in den Kreuzfahrerstaaten, Beispiel eines besiegelten Notariatsinstruments) ergänzen den Text, der durch ein umfangreiches Register der zitierten Urkunden, der Vizegrafen und öffentlichen Notare sowie der Sachen von Abschriften bis Zweikampf benutzerfreundlich aufgeschlossen wird, so dass dem Verfasser insgesamt für ein weiteres wichtiges Standardwerk über die eher kurze, aber wechselvolle Geschichte der christlichen Kreuzfahrerstaaten sehr zu danken ist.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler