Lorenz von Stein und die rechtliche Regelung der Wirklichkeit, hg. v. Brüning, Christoph/Schliesky, Uta. Mohr Siebeck, Tübingen 2015. VII, 247 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der in Borby bei Eckernförde am 15. 11. 1815 als unehelicher Sohn der Anna Juliana Elisabeth Stein geb. Helms und des Offiziers Lorenz Jacob von Wasmer geborene und in Weidlingau bei Wien am 23. 9. 1890 gestorbene Lorenz (von) Stein wird nach dem Rechtsstudium in Kiel 1845 außerordentlicher Professor der Staatswissenschaften und nach aus politischen Gründen erfolgter Amtsenthebung (1852) in Wien 1855 Professor für politische Ökonomie. In weitgespannten Schriften fördert er vor allem die Entwicklung der Verwaltungslehre (1865ff.). Dem über den Klassen stehenden König stellt er die Aufgabe, durch staatliche Leistung die im Liberalismus eingetretenen gesellschaftlichen Missstände zu beseitigen.
Nach dem kurzen Vorwort der beiden Herausgeber kann der Jurist, Finanzwissenschaftler, Verwaltungswissenschaftler, Staatswissenschaftler und Soziologe Stein – gemessen an der Fortdauer seines Wirkens - zu den bedeutendsten Schleswig-Holsteinern des 19. Jahrhunderts gezählt werden. Trotz seiner frühen Erkenntnis der gesellschaftlichen Folgen der Industrialisierung ist die Erinnerung an sein Lebenswerk vom Vergessen bedroht. Anlässlich seines 200. Geburtstags haben die Herausgeber deshalb in Kiel am 10. März 2015 eine Fachtagung des Lorenz-von-Stein-Instituts für Verwaltungswissenschaften an der Universität Kiel durchgeführt, deren Erträge der vorliegende Sammelband der Öffentlichkeit in angemessener Form zur Verfügung stellt.
Insgesamt umfasst das Werk nach dem Vorwort acht Studien, von denen die Betrachtung von Leben und Werk durch Utz Schliesky an die Spitze gestellt ist. Im Anschluss hieran werden so bedeutsame Themen wie Rechtsstaat und Wohlfahrtsstaat, der organische Staat im Fluss der Staatstheorien, die Bedeutung des bürgerschaftlichen Infrastrukturmodells für aktuelle Herausforderungen, die Wirkung der Staatsschulden auf die Wirtschaft, die Spannung zwischen staatlicher Steuerung und persönlicher Freiheit, das kreative Management von Interdisziplinarität oder die Idee des „arbeiten Staates“ tiefgründig und weiterführend erörtert. Durch all diese gedankenreichen Überlegungen wird die Erinnerung an den bedeutenden Gelehrten erneuert, auch wenn der Sammelband eines benutzerfreundlichen Sachregisters entbehrt.
Innsbruck Gerhard Köbler