Löffelsender, Michael, Kölner Rechtsanwälte im Nationalsozialismus. Eine Berufsgruppe zwischen „Gleichschaltung“ und Kriegseinsatz (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 88). Mohr Siebeck, Tübingen 2015. XI, 208 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Nach dem kurzen Vorwort des 1978 geborenen und in Köln in Geschichte und Germanistik ausgebildeten Verfassers liegen die Anfänge seiner Studie in dem interdisziplinären Forschungsverbund „Justiz im Krieg – Der Oberlandesgerichtsbezirk Köln 1939-1945“ an den Universitäten Köln und München. In diesem Rahmen hatte er 2012 seine von Margit Szöllösi-Janze angeregte und betreute, von der Fritz-Thyssen-Stiftung unterstützte und im Sommersemester 2011 von der philosophischen Fakultät der Universität Köln angenommene Dissertation über die strafrechtliche Verfolgung von Frauen und Jugendlichen im Oberlandesgerichtsbezirk Köln zwischen 1939 und 1945 vorgelegt. In ihr konnte er zeigen, dass es ein grundsätzliches Ziel der nationalsozialistischen Politik seit 1933 war, die Einsatzbereitschaft und den Durchhaltewillen der Bevölkerung in der Heimat mittels Leistungen und Zwängen aufrecht zu erhalten.

 

Angeregt durch die vielfältigen Ergebnisse der Einzelprojekte des Forschungsverbunds entstanden Gedanke und Wunsch, sich eingehender mit der Geschichte der Rechtsanwaltschaft in dem Oberlandesgerichtsbezirk Köln in dieser Zeit zu beschäftigen. Mittels einer großzügigen Anschubfinanzierung der Rechtsanwaltskammer Köln war dem inzwischen als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora tätigen Forscher die Verwirklichung trotz der disparaten Quellenlage möglich. Gegliedert ist das neue Ergebnis nach einer Einleitung in sieben Kapitel und einen Ausblick.

 

Auf der Grundlage der Gleichschaltung der Selbstverwaltung durch Ersetzung der Rechtsanwaltsvereine durch Rechtsanwaltskammern  (mit Kammerpräsident Dr. Carl Diedrich) werden zunächst jüdische und kommunistische Rechtsanwälte ausgegrenzt (Fall Warncke). Die Mitgliedschaft in der Partei und im dem Bund nationalsozialistischer Juristen wird angestrebt (Dr. Josef Krämer) und die „Reinhaltung des Anwaltsstandes“ (Dr. Wilhelm Weimar) zum Ziel gesetzt. In der Folge greifen geheime Staatspolizei (Fall Vollmer) und Sondergericht (Fall Bartels) auf einzelne Rechtsanwälte zu und bewirkt der Krieg zusätzliche Anforderungen, so dass der Verfasser letztlich die Kölner Rechtsanwaltschaft, in der Diedrich wie Krämer nach einiger Zeit wieder in ihrem Beruf tätig werden konnten, insgesamt als ein Spiegelbild der gesamten Gesellschaft der Untersuchungszeit erweisen kann.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler