Kuckenburg, Martin, Wer sprach das erste Wort? Die Entstehung von Sprache und Schrift. 3. Aufl. Wissenschaftliche Buchgesellschaft/Theiss, Darmstadt 2016. 272 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Die Sprache ist eines der wichtigsten Kennzeichen des Menschen innerhalb aller Lebewesen, weil sie ihn in bisher wohl einzigartiger Weise unter allen irdischen Kreaturen hervorhebt. Mit ihrer Hilfe hat sich der – zu unbekannter Zeit beginnende - Mensch die Erde in einer Weise zu eigen gemacht, wie es vor ihm keinem anderen Geschöpf gelang. Deshalb hätte sich der Sprecher des ersten Wortes, sei es auch noch so einfach,  einen hervorragenden Preis im riesigen Buch des Lebens verdient und sein Entdecker könnte sich zumindest nachträglich in dem goldenen Glanz dieser großartigen Erfindung sonnen.

 

Der Verfasser der vorliegenden Untersuchung ist in Erfurt 1955 geboren und nach dem Studium  von Vorgeschichte, Frühgeschichte, Urgeschichte und Volkskunde in Tübingen Sachbuchautor für archäologische und kulturgeschichtliche Fragen geworden. Wissenschaftlich hervorgetreten ist er 1991 durch eine Tübinger Magisterarbeit über den Stadtbegriff und seine Anwendbarkeit auf eisenzeitliche Großsiedlungen in Mitteleuropa. Bereits 1989 hatte er aber bei DuMont in Köln einen kulturgeschichtlichen Überblick über die Entstehung von Sprache und Schrift veröffentlicht.

 

Die vorliegende Fortführung der dort vorgetragenen Überlegungen ist Frank Rainer Scheck  gewidmet, der die Erstausgabe des Buches betreute. Gegliedert ist die jetzige Fassung in fünf Abschnitte über die Entstehung der Sprache (Der Ursprung von Sprache und Schrift, Grillenzirpen, Vogelgesang und Affengekreisch, Sprachorgane, Gehirn und die Entwicklungsgeschichte des Menschen, Sprachentstehung und die Herausbildung von Technik und Kultur, aktuelle Spekulationen über die Ursprache) und sieben Abschnitte über die greifbarere, weil in Zeichen festhaltbare Schrift (Felsbilder und Zählkerben, Schrift, Zählmarke und Zahlentäfelchen, mesopotamische Keilschrift, ägyptische Hieroglyphen, Schrift und gesellschaftliche Macht und am Ende das Alphabet). Im Ergebnis kann es nicht überraschen, dass der Verfasser, der in Auswertung umfangreicher Literatur von einer allmählichen, schrittweisen Entwicklung der Hominiden zu dem modernen Menschen und seiner Sprache und Kultur im Laufe von mehreren Jahrhunderttausenden ausgeht, seine plakativ rhetorisch gestellte Frage selbst nicht konkret beantworten kann, doch unterrichtet er jeden Interessierten spannend und vielfältig über die damit zusammenhängenden Gegebenheiten und ihre bisherigen Bewertungen durch die moderne Wissenschaft, weshalb der bisherige Erfolg seines Werkes sein lebenslanges Problemgespür für modernes allgemeineres Wissensbedürfnis bestens bestätigt.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler