Konflikt und Koexistenz. Die Rechtsordnungen Südosteuropas im 19. und 20. Jahrhundert. Band 1 Rumänien, Bulgarien, Griechenland, hg. v. Stolleis, Michael unter Mitarbeit von Bender, Gerd/Kirov, Jani (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte – Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Frankfurt am Main Band 292). Klostermann, Frankfurt am Main 2015. X, 935 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Nach dem kurzen Vorwort des der Erinnerung an Marie Theres Fögen (1948-2008) gewidmeten gewichtigen Bandes steckt die rechtshistorische Erschließung der komplexen Geschichte und Rechtsgeschichte Südosteuropas noch in den Anfängen, weil seit dem frühen 20. Jahrhundert Westeuropa und Osteuropa in einen politischen Gegensatz zueinander gerieten. Hinzu kamen sprachliche Zugangsschwierigkeiten für Interessenten aus dem Westen. In dieser Lage war es ein glücklicher Gedanke Marie Theres Fögens, sich Südosteuropas anzunehmen und im Rahmen des Exzellenz-Clusters The Formation of normative orders den Blick auf die im 19. Jahrhundert aus der untergehenden osmanischen Herrschaft entstehenden Nationalstaaten Griechenlands, Rumäniens und Bulgariens zu richten.

 

Marie Theres Fögen konnte dieses Vorhaben  zwar noch optimistisch beginnen. Aber bald nach den ersten Arbeitsgesprächen unter ihrer Leitung wurde sie an der Fortführung durch ihre Krankheit gehindert, der sie in Zürich am 18. Januar 2008 erlag. Auf ihre Bitte hin hat sich Michael Stolleis selbstlos dem Unternehmen gewidmet und es trotz aller damit verbundenen Schwierigkeiten zu dem jetzt vorgelegten vorläufigen Ende geführt.

 

Gegliedert ist das trotz verbeibender Schwächen beeindruckende, von der Volkswagenstiftung Hannover geförderte Gesamtergebnis nach einem informativen Forschungsbericht des Herausgebers über den Transfer normativer Ordnungen – Baumaterial für junge Nationalstaaten – in vier Teile. Sie betreffen das osmanische Reich und die Balkanländer im späten 19. Jahrhundert im Allgemeinen und Griechenland, Rumänien und Bulgarien im Besonderen. In deutscher, englischer oder französischer Sprache werden dabei vielfältige Einsichten zum Wandel des Verfassungsrechts, Privatrechts, Strafrechts und Prozessrechts sowie der Rechtssprache und des Rechtsstabs geboten, die über das Verzeichnis der 22 beteiligten Autoren hinaus (vielleicht auf den freigebliebenen Blättern) auch durch Verzeichnisse von Personen, Orten und Sachen aufgeschlossen hätten werden können.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler