Heidenreich, Ronny/Münkel, Daniela/Stadelmann-Wenz, Elke, Geheimdienstkrieg in Deutschland. Die Konfrontation von DDR-Staatssicherheit und Organisation Gehlen 1953 (= Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes 1945-1968 3). Ch. Links Verlag, Berlin 2016. 463 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Bis zum 8. Mai 1945 kämpften die Vereinigten Staaten von Amerika, die Sowjetunion, das Königreich Großbritannien und Frankreich ungeachtet ihrer sonstigen unterschiedlichen Interessen gemeinsam gegen die Achsenmächte einschließlich des Deutschen Reiches Adolf Hitlers. Kaum waren diese gemeinsamen Feinde niedergerungen, traten die bisherigen nationalen Vorstellungen wieder in den Vordergrund. Hieraus erwuchs ein kalter Krieg, in dem es nicht zu öffentlichen Kriegserklärungen kam, in dem aber die Beteiligten größtes Interesse an den internen Überlegungen der jeweils anderen Seite hatten.

 

Nach der kurzen Einleitung der Verfasser war in den 1971 veröffentlichten Erinnerungen Reinhard Gehlens (Erfurt 1902-Berg am Starnberger See 1979), der 1920 als Offiziersanwärter in die Reichswehr des Deutschen Reiches eingetreten und dort bis zu seiner Entlassung durch Adolf Hitler (9. April 1945) zum Leiter der Abteilung Fremde Heere Ost des Generalstabs des Heeres aufgestiegen sowie in der Kriegsgefangenschaft seitens der Vereinigten Staaten von Amerika in deren Dienste eingetreten war, das Jahr 1953 vor allem durch den Zweikampf zwischen ihm als dem Leiter der Organisation Gehlen (der Vereinigten Staaten von Amerika bzw. der Bundesrepublik Deutschland) und dem Leiter der Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik (Ernst Wollweber) geprägt. Dies untersuchen die Verfasser des vorliegenden, sehr interessanten Werkes nach einer Einleitung über Aufbau, Quellenlage und Danksagung in sechs auch viele bislang unbekannte Akten verwertenden Abschnitten. Sie betreffen die Organisation Gehlen und die Staatssicherheit in den 1950er-Jahren, die Aktionen Feuerwerk und Fanfare und ihre Folgen, die Verhafteten der Aktion Feuerwerk, den Propagandakrieg, die Staatssicherheitsjustiz und die Organisation Gehlen sowie die Konsequenzen aus der Aktion Feuerwerk.

 

Im Ergebnis war die dem Überlauf Hans-Joachim Geyers ab dem 29. Oktober 1953 folgende, anschließend propagandistisch verwertete Großaktion Feuerwerk der Deutschen Demokratischen Republik die erste große Konfrontation zwischen der östlichen Staatssicherheit und der Vorläuferorganisation des späteren Bundesnachrichtendiensts. Sie traf den westlichen Nachrichtendienst unerwartet, erschütterte binnen zweier Monate die Organisation Gehlen zutiefst und ließ nach den detaillierten Recherchen der Verfasser mindestens 218 Personen identifizieren, die in die Hände des Staatssicherheitsdiensts fielen und zu teilweise hohen Haftstrafen verurteilt wurden. Als wichtigste Grundlage für den gleichwohl beachtlichen Erfolg der Organisation Gehlen bei der Gewinnung von Vertrauensleuten in der Deutschen Demokratischen Republik können sie dabei die fehlende Loyalität der Bevölkerung gegenüber der Regierung ermitteln, doch waren auch finanzielle Vorteile und jugendliche Abenteuerlust nicht bedeutungslos.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler