Gross, Norbert, Reinhold Frank Urteil – Vollstreckung – Nachurteil (=Schriftenreihe des Rechtshistorischen Museums Karlsruhe 33) Gesellschaft für kulturhistorische Dokumentation e. V. Karlsruhe 2016, 82 S., 24 Abb. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz.

 

Rechtsanwalt Reinhold Frank (Karlsruhe, 1896 - 1945) hatte sich nach Gesprächen mit dem ehemaligen Leipziger Oberbürgermeister Curt Friedrich Goerdeler und dem ehemaligen württembergischen Staatspräsidenten Eugen Bolz im Jahre 1943 bereit erklärt, im Falle eines Umsturzes die Aufgaben eines Unterbeauftragten für den Gebietsteil Baden zu übernehmen. Als der Umsturz am 20. Juli 1944 in Berlin scheiterte, fand man eine Liste der Beauftragten und Unterbeauftragten und Reinhold Frank wurde am 21. 7. 1944 verhaftet. Am 12. Januar 1945 wurde er durch den Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 23. 1. 1945 hingerichtet. Seit 1946 wird in Karlsruhe das Gedächtnis an Reinhold Frank gepflegt. Seit 2000 gibt es jährlich um den 20. Juli herum eine Reinhold – Frank – Gedächtnisvorlesung. Seinen am 17. Juli 2015 gehaltenen Vortrag hat der Rechtsanwalt und Rechtshistoriker Norbert Gross ausgearbeitet und mit Anmerkungen, Anhängen und Abbildungen versehen. Nachdem in der Reihe des Rechtshistorischen Museums in Karlsruhe schon 2004 in einer Schrift ein Kapitel Reinhold Frank gewidmet war, ist durch diese Schrift ein umfassendes Bild des Widerstandskämpfers gezeichnet worden. Kapitel I zeichnet den Lebensweg über Weltkriegsteilnahme, Studium, Beginn der Anwaltstätigkeit und Gründung einer Familie nach. Kapitel II und III beschreiben die Schwierigkeiten, die für die Mehrzahl der Getöteten des 20. Juli bestehen, die Zeit nach ihrer Verhaftung und die gegen sie geführten Verhandlungen nach Dokumenten darzustellen. Kapitel IV stellt die Vollstreckung des Urteils an Reinhold Frank und an anderen Verurteilten dar. Gross konnte für seine Arbeit eine erst jüngst im Nachlass des Karlsruher Rechtsanwalts Dr. Herbert Schneider, der sich um die Abwicklung der Kanzlei bemühte, aufgetauchte Beschreibung eines Besuches am Tage der Hinrichtung verwerten. Bedrückend ist im Kapitel V ‚Nachurteil‘ die Schilderung der ersten Ehrenbezeugungen. Während eine Straße in Karlsruhe zu Ehren Franks umbenannt wurde, bedurfte es erheblicher Anstrengungen die desolate Lage der Witwe und ihrer vier Kinder zu verbessern. Ausstehende Honorare von Mandanten waren nur für eine kurze Übergangszeit eine Lösung. Später wurden im Geburtsort Franks, Bachhaupten bei Ostrach, in Karlsruhe und Sigmaringen Tafeln zum Gedächtnis angebracht. Selbst der Deutsche Anwaltsverein schuf, wenn auch erst nach seinem Umzug nach Berlin, Ende der 90er Jahre, ein Erinnerungsmal. Die Schrift enthält von diesen Gedächtnisplätzen Abbildungen. Der zehn Stücke des Anhanges bringen Belege zu verschiedenen Lebensstationen Reinhold Franks.

 

Leicht ist es im Jahre 2016 auf die Versäumnisse von Gerichten und der Politik hinzuweisen, die in den Zeiten, als noch Beteiligte an den Verbrechen lebten, geflissentlich schwiegen und wegschauten. Die Schrift sollte dem Rechtshistorischen Museum Anlass geben, eine aus den Quellen geschöpfte Beschreibung der Lebensläufe aller am Bundesgerichtshof tätig gewesenen und vor 1920 geborenen Richter und ihrer Staatsanwaltschafts-Kollegen an der Bundesanwaltschaft erarbeiten zu lassen. Die Reinhold–Frank–Gedächtnisvorlesung bleibt so lange eine unvollständige Veranstaltung, als nicht die angepassten Juristen, die, anders als Reinhold Frank, bis zum Mai 1945 „Heil“ riefen, in ihren Lebensentwürfen dargestellt werden. Leicht und beispielgebend sollte die Rechtsanwaltschaft am Bundesgerichtshof vorangehen, denn sie hat die wenigsten Beispiele aus ihrer Geschichte zu erarbeiten.

 

Neu - Ulm                                                                                                     Ulrich-Dieter Oppitz