Geschichte des Bergischen Landes, Band 2 Das 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Gorißen, Stefan/Sassin, Hans/Wesoly, Kurt (= Bergische Forschungen Band 32). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2016. 864 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Seit dem Hochmittelalter wird rechts des Rheines etwa zwischen Ruhr (südlich Duisburgs und Essens) und Sieg (bis einschließlich Löwenburgs) von den Grafen von Berg an der Dhünn ein Land gebildet, das in einer Urkunde des Jahres 1363 erstmals als terra Montensis bezeichnet wird, nachdem bereits 1247 die tota comitia et terra de Monte genannt worden waren. Dieses mehr und mehr vergrößerte politische Gebilde der Grafen von Berg fiel im 17. Jahrhundert an Pfalz-Neuburg (1614/1666) und mit der Pfalz 1777 an Bayern sowie nach einem napoleonischen Zwischenspiel (1805-1813 Großherzogtum Berg) 1815 an Preußen. Der fast 4000 Mitglieder zählende Bergische Geschichtsverein setzte es sich für das 150. Jubiläum seiner Gründung (2013) zum Ziel, die Geschichte dieses Landes im Bewusstsein der Öffentlichkeit fester zu verankern, als dies bisher der Fall war und legte dementsprechend bereits 2014 einen ersten Band einer gewichtigen Geschichte des Bergischen Landes vor.
Dem ersten umfangreicheren Band folgt nach zwei Jahren ein zweiter noch etwas stattlicherer Band derselben Herausgeber. Er wird in der kurzen und klaren Einleitung als ein Wagnis bezeichnet, weil das Bergische Land ab 1806 als administrative Einheit nicht mehr besteht. Ansprechend werden Leserinnen und Leser des neuen Bandes deshalb aufgefordert, die Umrisse des „Bergischen Landes als einen sich verändernden Vorstellungsraum zu verstehen, für den es keine festen Außengrenzen gibt“, der aber in einer Übersichtskarte mit etwa dem Rheinisch-bergischen Kreis, dem oberbergischen Kreis, Leverkusen, dem Kreis Mettmann, Remscheid, Solingen, dem Rhein-Sieg-Kreis und Wuppertal augenscheinlich gemacht wird.
Der zweite, ebenfalls reich bebilderte Band führt das bereits für seinen Vorgänger vorgestellte Konzept von Überblicksartikeln über die gesamte Zeitspanne sowie Vertiefungsartikeln und Spezialartikeln als Kompromiss zwischen Wünschenswertem und Machbarem fort. Er beginnt mit dem Großherzogtum Berg zwischen 1806 und 1813 (Bettina Severin-Barboutie), behandelt dann die Geschichte der bergischen Juden, die Kirchen im bergischen Land sowie die protestantische und katholische Sozialpolitik im bergischen Land. Danach wendet sich Rudolf Boch dem bergischen Land zwischen 1814 und 1914 zu, während Rolf Stremmel die Jahre zwischen 1914 und 1933, Horst Matzerath die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft und Christoph Nonn das bergische Land nach 1945 betrachten. Dazwischen werden Stadtentwicklungen, Verkehrsentwicklung, Wuppertaler Schwebebahn, Umweltgeschichte der Wupper, Zanders in Bergisch Gladbach, Mannesmann, Bayer, Friedrich Engels (1820-1895), das Vereinswesen, die Zuccalmaglios, Literatur und literarisches Leben, die bergische Bauweise und ihre Renaissance um 1900, Konsum, Genossenschaften, Schule und Bildung, Friedrich Wilhelm Dörpfeld, das Pressewesen, Robert Ley, Karl Immer, Walter Scheel und zum Abschluss Johannes Rau untersucht.
Auf diese Weise kommen viele interessante Aspekte der Geschichte des Bergischen Landes weiterführend vor Augen. Zahlreiche Abbildungen veranschaulichen die jeweiligen Ausführungen. Mit dem zweiten Band ist das Wagnis gut gelungen, so dass beide Bände als optimaler Ausgangspunkt für weitere Forschungen dienen können.
Innsbruck Gerhard Köbler