Darabeygi, Lena, Die Causa „Blinkfüer“ und die Grundrechtsdogmatik zur Pressefreiheit in Weimar und Bonn (= Rechtshistorische Reihe 466). Lang, Frankfurt am Main 2016. 231 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Mit der zunehmenden Anerkennung von Grundrechten des Menschen als Folge der Aufklärung seit der Virginia Bill of Rights des Jahres 1776 hat das öffentliche Recht sichtlich eine neue Qualität gewonnen. Andererseits haben sich dadurch naturgemäß auch die Abgrenzungsschwierigkeiten innerhalb der Rechtsordnung erheblich vermehrt. Ein zentraler Ausfluss dieser Entwicklung ist die Entstehung der Verfassungsgerichtsbarkeit, in deren Rahmen das Bundesverfassungsgericht Deutschlands einen hohen Rang einnimmt.

 

Mit einer Einzelfrage dieses Problembereichs beschäftigt sich die von Albrecht Cordes für die Aufnahme in die Rechtshistorische Reihe vorgeschlagene, in dem Jahre 2014 in Frankfurt am Main angenommene Dissertation der aus dem Iran stammenden Verfasserin. Sie erweckte nach ihrem Erscheinen unmittelbar das Interesse eines sachkundigen Rezensenten. Deswegen genügen an dieser Stelle einige allgemeine Hinweise des Herausgebers.

 

Gegliedert ist die ansprechende Untersuchung eines konkreten Einzelfalls nach einer Einleitung über die bundesverfassungsgerichtliche Deutung der Pressefreiheit, die Fragestellung, die Historisierung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die Methode, Quellenlage, den Forschungsstand und den Gang der Untersuchung in drei Kapitel. Sie betreffen den Fall, der mit einem Boykottaufruf Axel Springers gegen die  von der Deutschen Demokratischen Republik begünstigte Zeitung Blinkfüer und ihren Herausgeber Ernst Aust beginnt und die Entscheidungen des Landgerichts Hamburg vom 11. Oktober 1961 und vom 14. Februar 1962, die Berufungsurteile des Oberlandesgerichts Hamburg vom 15. Februar 1962 und vom 20. September 1962 und des Revisionsgerichts von 1963 sowie des Bundesverfassungsgerichts von 1969 bewirkt, die Hintergrunddiskussionen und die Entscheidung (des Bundesverfassungsgerichts). Auf der Grundlage auch unveröffentlichter Entscheidungen gelingt der Verfasserin dabei eine grundsätzliche Einordnung, wobei sie zeigt, dass die Entscheidung im Kern auf die Grundrechtslehre Rudolf Smends in der Weimarer Republik zurückgeht, der sich für eine Wertordnung einsetzte und dass sich das Bundesverfassungsgericht entgegen der (vom Kapitalisten vertretenen Schmittschen) Ansicht, dass es für Kommunisten keine Meinungsfreiheit gebe, im Einzelfall dafür entschied, dass die Pressefreiheit des Herausgebers des Blinkfüer gegenüber der Meinungsfreiheit Axel Springers einen höheren Wert (Rang) hat, wodurch nach dem Schlusswort der Verfasserin die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland erfolgreich gestärkt wurde.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler