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Abs. 301 Wochenblattspartei. Krimkrieg. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 316 Der Gegensatz der verschiedenen Elemente, welche die Entschließungen des Königs zu bestimmen suchten, steigerte sich, der Angriff der Bethmann-Hollweg'schen Fraction auf Manteuffel belebte sich während des Krimkrieges. Der Ministerpräsident hat seine Abneigung gegen den Bruch mit Oestreich und gegen eine Politik, wie sie nach den böhmischen Schlachtfeldern führte, am nachdrücklichsten in allen für unsre Freundschaft mit Oestreich kritischen Momenten bethätigt. In der Zeit des Fürsten Schwarzenberg, demnächst des Krimkrieges und der Ausbeutung Preußens für die östreichische Orientpolitik erinnerte unser Verhältniß zu Oestreich an das zwischen Leporello und Don Juan. In Frankfurt, wo zur Zeit des Krimkriegs die übrigen Bundesstaaten außer Oestreich versuchsweise verlangten, daß Preußen sie der östreichisch-westmächtlichen Vergewaltigung gegenüber vertrete, konnte ich als Träger der preußischen Politik mich einer Beschämung und Erbitterung nicht erwehren, wenn ich sah, wie wir gegenüber den nicht einmal in höflichen Formen vorgebrachten Zumuthungen Oestreichs jede eigne Politik und jede selbständige Ansicht opferten, von (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 325 [1-99] östreichisch-französischen Allianz und Vergewaltigung der zwischenliegenden Mittelstaaten. Während des Krimkrieges sagte mir der alte König Wilhelm von Würtemberg in vertraulicher Audienz am Kamin in Stuttgart: "Wir deutschen Südstaaten können nicht gleichzeitig die Feindschaft Oestreichs und Frankreichs auf uns nehmen, wir sind zu nahe unter der Ausfallpforte Straßburg und vom Westen her occupirt, bevor uns von Berlin Hülfe kommen kann. Würtemberg wird überfallen, und wenn ich ehrlich mich in das preußische Lager zurückziehe, so werden die Klagen meiner vom Feinde bedrückten Unterthanen mich zurückrufen; das würtembergische Hemd ist mir näher als der Rock des Bundes" 1). (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 391 Während des Krimkrieges und, wenn ich mich recht erinnere, aus Anlaß desselben wurde ein lange betriebener Depeschendiebstahl ruchbar. Ein verarmter Polizeiagent 1), der vor Jahren seine Geschicklichkeit dadurch bewiesen hatte, daß er, während der Graf Bresson französischer Gesandter in Berlin war, Nachts durch die Spree geschwommen, in die Villa des Grafen in Moabit eingebrochen war und seine Papiere abgeschrieben hatte, wurde von dem Minister Manteuffel dazu angestellt, sich durch bestochne Diener Zugang zu den Mappen zu verschaffen, in denen die eingegangnen Depeschen und die durch deren Lesung veranlaßte Correspondenz zwischen dem Könige, Gerlach und Niebuhr hin und her ging, und von dem Inhalte derselben Abschrift zu nehmen. Von Manteuffel mit preußischer Sparsamkeit bezahlt, suchte er nach weitrer Verwerthung seiner Bemühungen und fand eine solche durch Vermittlung des Agenten Hassenkrug zunächst bei dem französischen Gesandten Moustier, dann auch bei andern Leuten 2). (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 416 Der Krimkrieg brachte die von Kind auf gewurzelte, früher äußerlich nicht hervorgetretene Abneigung der Prinzessin gegen alles Russische zur Erscheinung. Auf den Bällen Friedrich Wilhelm's III., wo ich sie als junge und schöne Frau zuerst gesehn habe, pflegte sie in der Wahl der Tänzer Diplomaten, wohl auch russische, zu begünstigen und unter ihnen solche, welche mehr für die Unterhaltung als für den Tanz begabt waren, die Glätte des Parkets versuchen zu lassen. Ihre später sichtbar und wirksam gewordene Abneigung gegen Rußland ist psychologisch schwer zu erklären. Die Erinnerung an die Ermordung ihres Großvaters, des Kaisers Paul, hatte schwerlich so nachhaltig gewirkt. Näher liegt die Vermuthung der Nachwirkung eines Dissenses zwischen der hochbegabten, social und politisch russischen Mutter, der Großherzogin von Weimar, und ihren russischen Besuchern und dem lebhaften Temperament (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 431 [1-127] Beistände, aber nicht immer, mitunter auch seine Rivalen, waren der Cabinetsrath Niebuhr und Edwin von Manteuffel, während des Krimkrieges auch der Graf Münster. Zu der Camarilla waren außerdem zu rechnen der Graf Anton Stolberg, der Graf Friedrich zu Dohna und der Graf von der Gröben. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 506 [1-147] die Collationirung im Schlosse ergab, daß, wie ich befürchtet hatte, das Concept geändert und der östreichischen Politik näher gerückt war. Während des Krimkrieges und der vorangegangnen Verhandlungen drehten sich die Kämpfe in den Regirungskreisen häufig um eine westmächtlich-östreichische oder eine russische Phrase, die, kaum geschrieben, keine praktische Bedeutung mehr hatte. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 740 [1-220] alexandrinischen Zeitalter angehörte und in ihm durch Intelligenz und Tapferkeit sich aus der Stellung eines jungen Offiziers in einem Linienregimente, in dem er die französischen Kriege mitgemacht, zu einem Staatsmanne emporgearbeitet hatte, dessen Wort bei dem Kaiser Nicolaus erheblich in's Gewicht fiel. Die Annehmlichkeit seines gastfreien Hauses in Berlin wie in Petersburg wurde wesentlich erhöht durch seine Gemalin, eine männlich kluge, vornehme, ehrliche und liebenswürdige Frau, die in noch höherm Grade als ihre Schwester, Frau von Vrints in Frankfurt, den Beweis lieferte, daß in der gräflich Buol'schen Familie der erbliche Verstand ein Kunkellehn war. Ihr Bruder, der östreichische Minister Graf Vuol, hatte daran nicht den Antheil geerbt, der zur Leitung der Politik einer großen Monarchie unentbehrlich ist. Die beiden Geschwister standen einander persönlich nicht näher als die russische und die östreichische Politik. Als ich 1852 in besondrer Mission in Wien beglaubigt war, war das Verhältniß zwischen ihnen noch derart, daß Frau von Meyendorff geneigt war, mir das Gelingen meiner für Oestreich freundlichen Mission zu erleichtern, wofür ohne Zweifel die Instructionen ihres Gemals maßgebend waren. Der Kaiser Nicolaus wünschte damals unsre Verständigung mit Oestreich. Als ein oder zwei Jahre später, zur Zeit des Krimkriegs, von meiner Ernennung nach Wien die Rede war, fand das Verhältniß zwischen ihr und ihrem Bruder in den Worten Ausdruck: sie hoffe, daß ich nach Wien kommen und "dem Karl ein Gallenfieber anärgern würde". Frau von Meyendorff war als Frau ihres Gemals patriotische Russin und würde auch ohnedies schon nach ihrem persönlichen Gefühl die feindselige und undankbare Politik nicht gebilligt haben, zu welcher Graf Buol Oestreich bewogen hatte. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 796 Während dieser Wochen regten der Fürst von Hohenzollern und Rudolf von Auerswald bei dem Regenten meine Ernennung zum Minister des Auswärtigen an. Es fand infolge dessen im Palais eine Art von Conseil statt, das aus dem Fürsten, Auerswald, Schleinitz und mir bestand. Der Regent leitete die Besprechung mit der Aufforderung an mich ein, das Programm zu entwickeln, zu welchem ich riethe. Ich legte dasselbe in der Richtung, die ich später als Minister verfolgt habe, in so weit offen dar, daß ich als die schwächste Seite unsrer Politik ihre Schwäche gegen Oestreich bezeichnete, von der sie seit Olmütz und besonders in den letzten Jahren während der italienischen Krisis beherrscht gewesen sei. Könnten wir unsre deutsche Aufgabe im Einverständniß mit Oestreich lösen, um so besser. Die Möglichkeit würde aber erst vorliegen, wenn man in Wien die Ueberzeugung hätte, daß wir im entgegengesetzten Falle auch den Bruch und den Krieg nicht fürchteten. Die zur Durchführung unsrer Politik wünschenswerthe Fühlung mit Rußland zu bewahren, würde gegen Oestreich leichter sein als mit Oestreich. Unmöglich aber schiene mir das auch im letztern Falle nicht, nach meiner in Petersburg gewonnenen Kenntniß des russischen Hofes und der dort leitenden Einflüsse. Wir hätten dort aus dem Krimkriege und den polnischen Verwicklungen (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 797 [1-238] her einen Saldo, welcher bei geschickter Ausnutzung uns die Möglichkeit lassen könnte, mit Oestreich uns zu verständigen, ohne mit Rußland zu brechen; ich fürchtete nur, daß die Verständigung mit Oestreich wegen der dortigen Ueberschätzung der eignen und Unterschätzung der preußischen Macht mißlingen werde, wenigstens so lange, als man in Oestreich nicht von dem vollen Ernst unsrer eventuellen Bereitschaft auch zu Bruch und Krieg überzeugt sei. Der Glaube an solche Möglichkeit sei in dem letzten Jahrzehnte unsrer Politik in Wien verloren gegangen, man habe sich dort auf der in Olmütz errungnen Basis als auf einer dauernden eingelebt und nicht gemerkt, oder vergessen, daß die Olmützer Convention ihre Rechtfertigung hauptsächlich in der vorübergehenden Ungunst unsrer Situation fand, die durch die Verzettelung unsrer Cadres und durch die Thatsache hervorgerufen war, daß das ganze Schwergewicht der russischen Macht zur Zeit jener Convention in die Wagschale Oestreichs gefallen war, wohin sie nach dem Krimkriege nicht mehr fiel. Die östreichische Politik uns gegenüber sei aber nach 1856 ebenso anspruchsvoll geblieben, wie zu der Zeit, wo der Kaiser Nicolaus für sie gegen uns einstand. Wir hätten uns der östreichischen Illusion in einer Weise unterworfen, welche an das Experiment erinnerte, ein Huhn durch einen Kreidestrich zu fesseln. Die östreichische Zuversicht, ein geschickter Gebrauch der Presse, und ein großer Reichthum an geheimen Fonds ermögliche dem Grafen Buol die Aufrechthaltung der östreichischen Phantasmagorie und das Ignoriren der starken Stellung, in der Preußen sich befinden werde, so bald es bereit sei, den Zauber des Kreidestrichs zu brechen. Worauf sich die Erwähnung der östreichischen geheimen Fonds bezog, war dem Regenten bekannt 1). (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 932 [1-275] 1813 voll bezahlt machte, indem er uns die Olmützer Demüthigung aufzwang. Später kamen wir Rußland gegenüber im Krimkriege, im polnischen Aufstande von 1863 bedeutend in Vorschuß, und wenn wir in dem genannten Jahre Alexanders II. eigenhändiger Aufforderung zum Kriege nicht Folge leisteten, und er darüber und in der dänischen Frage Empfindlichkeit bewies, so zeigt dies nur, wie weit der russische Anspruch schon über Gleichberechtigung hinaus gediehen war und Unterordnung verlangte. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 936 Die Eigenschaft einer Großmacht konnten wir uns vor 1866 nur cum grano salis beimessen, und wir hielten nach dem Krimkriege für nöthig, uns um eine äußerliche Anerkennung derselben durch Antichambriren im Pariser Congresse zu bewerben. Wir bekannten, daß wir eines Attestes andrer Mächte bedurften, um uns als Großmacht zu fühlen. Dem Maßstabe der Gortschakow'schen Redensart bezüglich Italiens "une grande puissance ne se reconnaît pas, elle se révèle" fühlten wir uns nicht gewachsen. Die révélation, daß Preußen eine Großmacht sei, war vorher zu Zeiten in Europa anerkannt gewesen (vgl. Kapitel 5), aber sie erlitt durch lange Jahre kleinmüthiger Politik eine Abschwächung, die schließlich in der kläglichen Rolle, welche Manteuffel in Paris übernahm, ihren Ausdruck fand. Seine verspätete Zulassung konnte die Wahrheit nicht entkräften, daß eine Großmacht zu ihrer Anerkennung vor allen Dingen der Ueberzeugung und des Muthes, eine solche zu sein, bedarf. Ich habe es als einen bedauerlichen Mangel an (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 946 Die nächste günstige Situation nach dem Krimkriege bot unsrer Politik der italienische Krieg. Ich glaube freilich nicht, daß König Wilhelm schon als Regent 1859 geneigt gewesen sein würde, in plötzlicher Entschließung den Abstand zu überschreiten, der seine damalige Politik von derjenigen trennte, welche später zur Herstellung des Deutschen Reichs geführt hat. Wenn man die damalige Stellung nach dem Maßstabe beurtheilt, den die Haltung des auswärtigen Ministers von Schleinitz in dem demnächstigen Abschluß des Garantievertrages von Teplitz mit Oestreich und in der Weigerung der Anerkennung Italiens bezeichnet, so kann man mit Recht bezweifeln, ob es damals möglich gewesen sein würde, den Regenten zu einer Politik zu bewegen, welche die Verwendung der preußischen Kriegsmacht von Concessionen in der deutschen Bundespolitik abhängig gemacht hätte. Die Situation wurde nicht unter dem Gesichtspunkte einer vorwärts strebenden preußischen Politik betrachtet, sondern in dem gewohnheitsmäßigen Bestreben, sich den Beifall der deutschen Fürsten, des Kaisers von Oestreich und zugleich der deutschen Presse zu erwerben, in dem unklaren Bemühn um einen idealen Tugendpreis für Hingebung an Deutschland, ohne irgend eine klare Ansicht über die Gestalt des Zieles, die Richtung in der, und die Mittel, durch die es zu suchen wäre. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)

 

Abs. 165 [2-52] Glieder sich dann des französischen Schutzes um so bedürftiger fühlen würden. Er hatte Rheinbundreminiscenzen und wollte die Entwicklung in der Richtung eines Gesammt-Deutschlands hindern. Er glaubte es zu können, weil er die nationale Stimmung des Tages nicht kannte und die Situation nach seinen süddeutschen Schulerinnerungen und nach diplomatischen Berichten beurtheilte, die nur auf ministerielle und sporadisch dynastische Stimmungen gegründet waren. Ich war überzeugt, daß ihr Gewicht schwinden würde; ich nahm an, daß ein Gesammt-Deutschland nur eine Frage der Zeit, und daß zu deren Lösung der Norddeutsche Bund die erste Etappe sei, daß aber die Feindschaft Frankreichs und vielleicht Rußlands, das Revanchebedürfniß Oestreichs für 1866 und der preußisch- dynastische Particularismus des Königs nicht zu früh in die Schranken gerufen werden dürfe. Ich war nicht zweifelhaft, daß ein deutsch- französischer Krieg werde geführt werden müssen, bevor die Gesammt- Einrichtung Deutschlands sich verwirklichte. Diesen Krieg hinauszuschieben, bis unsre Streitkräfte durch Anwendung der preußischen Wehrgesetzgebung nicht blos auf Hanover, Hessen und Holstein, sondern, wie ich damals schon nach der Fühlung mit den Süddeutschen hoffen durfte, auch auf diese, gestärkt wären, war ein Gedanke, der mich damals beherrschte. Ich hielt einen Krieg mit Frankreich im Hinblick auf die Erfolge der Franzosen im Krimkriege und in Italien für eine Gefahr, die ich damals überschätzte, indem mir die für Frankreich erreichbare Truppenziffer, die Ordnung und die Organisation und das Geschick in der Führung als höher und besser vorschwebten, als sich 1870 bestätigt hat. Die Tapferkeit des französischen Troupiers und die Höhe des nationalen Gefühls und der verletzten Eitelkeit haben sich vollkommen in dem Maße bewährt, wie ich sie für die Eventualität einer deutschen Invasion in Frankreich eingeschätzt hatte, in Erinnerung an die Erlebnisse von 1814, 1792, und zu Anfang des vorigen Jahrhunderts im spanischen Erbfolgekriege, wo das Eindringen fremder Heere stets ähnliche Erscheinungen wie das Stökern in einem Ameisenhaufen hervorgerufen hat. Für leicht habe (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)

 

Abs. 169 Von Rußland war einer solchen Coalition gegenüber activer Beistand schwerlich zu erwarten. Mir selbst hatte der russenfreundliche Einfluß, den ich in der Zeit des Krimkrieges auf die Entschließungen Friedrich Wilhelms IV. auszuüben vermochte, das Wohlwollen des Kaisers Alexander erworben, und sein Vertrauen zu mir war in der Zeit meiner Gesandschaft in Petersburg gewachsen. Inzwischen aber hatte in dem dortigen Cabinet unter Gortschakows Leitung der Zweifel an der Nützlichkeit einer so bedeutenden Kräftigung Preußens für Rußland die Wirkung der kaiserlichen Freundschaft für den König Wilhelm und der Dankbarkeit für unsre Politik in der polnischen Frage von 1863 aufzuwiegen angefangen. Wenn die Mittheilung richtig ist, die Drouyn de Lhuys dem Grafen Vitzthum von Eckstädt *) gemacht hat, so hat Gortschakow im Juli 1866 den Kaiser Napoleon zu einem gemeinsamen Proteste gegen die Beseitigung des Deutschen Bundes aufgefordert und eine Ablehnung erfahren. Der Kaiser Alexander hatte in der ersten Ueberraschung und nach der Sendung Manteuffels nach Petersburg dem Ergebniß der Nikolsburger Präliminarien generell und obiter zugestimmt; der Haß gegen Oestreich, der seit dem Krimkriege die öffentliche Meinung der russischen „Gesellschaft“ beherrschte, hatte zunächst seine Befriedigung gefunden in den Niederlagen Oestreichs; dieser Stimmung standen aber russische Interessen gegenüber, die sich an den zarischen Einfluß in Deutschland und an dessen Bedrohung durch Frankreich knüpften. (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)

 

Abs. 217 Auch eine so unbedingte Hingebung für Oestreich, wie sie Nassau bewiesen hatte, in der unmittelbaren Nähe von Coblenz, war eine gefährliche Erscheinung, besonders in der Eventualität französisch-östreichischer Bündnisse, wie sie sich während des Krimkrieges und der polnischen Wirren von 1863 in bedrohliche Aussicht gestellt hatten. Die Abneigung Sr. Majestät gegen Nassau war ein väterliches Erbtheil. Friedrich Wilhelm III. pflegte durch das Herzogthum zu reisen, ohne den Herzog zu sehn. Das Contingent des Herzogs hatte sich in der Rheinbundzeit in Preußen besonders unangenehm gemacht, und König Wilhelm I. wurde gegen Concessionen an den Herzog durch den leidenschaftlichen Widerspruch der Deputationen früherer nassauischer Unterthanen eingenommen; die stehende Rede derselben war: „Schütze Se uns vor dem Fürste und sei' Jagdknechte.“ (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)

 

Abs. 310 [2-109] werde dich zur Infanterie versetzen,“ nahm er seinen Abschied und trat erst im Krimkriege in geringer Stellung wieder ein, blieb unter Alexander II. in der Armee und wurde endlich Militärbevollmächtigter in Berlin, wo seine ehrliche Bonhomie ihm viele Freunde erwarb. Er begleitete uns als russischer Flügeladjutant des preußischen Königs im französischen Kriege, und es war vielleicht ein Effect der ungerechten Beurtheilung seiner Reitfähigkeit, die ihm vom Kaiser Nicolaus zu Theil geworden war, daß er alle Marschetappen, auf denen der König und sein Gefolge gefahren wurden, nicht selten 50 bis 70 Werst im Tage, zu Pferde zurücklegte. Für seine Bonhomie und die Tonart auf den Jagden in Wusterhausen ist es bezeichnend, daß er gelegentlich vor dem Könige erzählte, seine Familie stamme aus Preußisch-Litthauen und sei unter dem Namen Kutu nach Rußland gekommen, worauf Graf Fritz Eulenburg in seiner witzigen Art bemerkte: „Den schließlichen ,Soff‘ haben Sie also erst in Rußland sich angeeignet“ — allgemeine Heiterkeit, in welche Kutusoff herzlich einstimmte. (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)

 

Abs. 313 [2-110] wenn unsre Truppen vor Paris, im Westen, Norden und Osten Frankreichs vor Seuchen bewahrt blieben. Die Frage, wie der Gesundheitszustand des deutschen Heeres sich in den Beschwerden eines so ungewöhnlich harten Winters bewähren werde, entzog sich jeder Berechnung. Es war unter diesen Umständen keine übertriebene Aengstlichkeit, wenn ich in schlaflosen Nächten von der Sorge gequält wurde, daß unsre politischen Interessen nach so großen Erfolgen durch das zögernde Hinhalten des weitern Vorgehns gegen Paris schwer geschädigt werden könnten. Eine weltgeschichtliche Entscheidung in dem Jahrhunderte alten Kampfe zwischen den beiden Nachbarvölkern stand auf dem Spiele und in Gefahr, durch persönliche und vorwiegend weibliche Einflüsse ohne historische Berechtigung gefälscht zu werden, durch Einflüsse, die ihre Wirksamkeit nicht politischen Erwägungen verdankten, sondern Gemüthseindrücken, welche die Redensarten von Humanität und Civilisation, die aus England bei uns importirt werden, auf deutsche Gemüther noch immer haben; war uns doch während des Krimkrieges von England aus nicht ohne Wirkung auf die Stimmung gepredigt worden, daß wir „zur Rettung der Civilisation“ die Waffen für die Türken ergreifen müßten. Die entscheidenden Fragen konnten, wenn man wollte, als ausschließlich militärische behandelt werden, und man konnte das als Vorwand nehmen, um mir das Recht der Betheiligung an der Entscheidung zu versagen; sie waren aber doch solche, von deren Lösung die diplomatische Möglichkeit in letzter Instanz abhing, und wenn der Abschluß des französischen Krieges ein weniger günstiger für Deutschland gewesen wäre, so blieb auch dieser gewaltige Krieg mit seinen Siegen und seiner Begeisterung ohne die Wirkung, die er für unsre nationale Einigung haben konnte. Es war mir niemals zweifelhaft, daß der Herstellung des Deutschen Reiches der Sieg über Frankreich vorhergehn mußte, und wenn es uns nicht gelang, ihn diesmal zum vollen Abschluß zu bringen, so waren weitre Kriege ohne vorgängige Sicherstellung unsrer vollen Einigung in Sicht. (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)

 

Abs. 685 [2-236] des Krimkrieges und 1863 von berufner und unberufner Seite erwogen worden. Die alten preußischen Provinzen aber sind von Posen und Westpreußen durch keine natürliche Grenze getrennt, und der Verzicht auf sie wäre unausführbar. Die Frage der Zukunft Polens ist deshalb unter den Vorbedingungen eines deutsch-östreichischen Kriegsbündnisses eine besonders schwierige. (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)

 

Abs. 743 [2-250] obligatur kann durch keine Vertragsclausel außer Kraft gesetzt werden; und ebenso wenig läßt sich durch einen Vertrag das Maß von Ernst und Kraftaufwand sicherstellen, mit dem die Erfüllung geleistet werden wird, sobald das eigne Interesse des Erfüllenden dem unterschriebenen Texte und seiner frühern Auslegung nicht mehr zur Seite steht. Es läßt sich daher, wenn in der europäischen Politik Wendungen eintreten, die für Oestreich-Ungarn eine antideutsche Politik als Staatsrettung erscheinen lassen, eine Selbstaufopferung für die Vertragstreue ebenso wenig erwarten, wie während des Krimkrieges die Einlösung einer Dankespflicht erfolgte, die vielleicht gewichtiger war als das Pergament eines Staatsvertrages. (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)

 

Abs. 754 Der Beistand Oestreichs ist für uns gegen Rußland leichter zu haben als gegen Frankreich, nachdem die Frictionen dieser beiden Mächte in dem von ihnen umworbenen Italien in der alten Form nicht mehr existiren. Für ein monarchisches und katholisch gesinntes Frankreich, wenn ein solches wieder erstanden, wäre die Hoffnung nicht erstorben, ähnliche Beziehungen zu Oestreich wieder zu gewinnen, wie sie während des siebenjährigen Krieges und auf dem Wiener Congreß vor der Rückkehr Napoleons von Elba bestanden, in der polnischen Frage 1863 drohten, im Krimkriege und zur Zeit des Grafen Beust von 1866 bis 1870 in Salzburg und Wien Aussicht auf Verwirklichung hatten. Bei etwaiger Wiederherstellung (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)

 

Abs. 771 [2-262] Daß die Pforte auf ein russisches Protectorat in dieser Form eingehe, liegt nicht nur in der Möglichkeit, sondern, wenn die Sache geschickt betrieben wird, auch in der Wahrscheinlichkeit. Der Sultan hat in frühern Jahrzehnten glauben können, daß die Eifersucht der europäischen Mächte ihm gegen Rußland Garantien gewähre. Für England und Oestreich war es eine traditionelle Politik, die Türkei zu erhalten; aber die Gladstoneschen Kundgebungen haben dem Sultan diesen Rückhalt entzogen, nicht nur in London, sondern auch in Wien, denn man kann nicht annehmen, daß das Wiener Cabinet die Traditionen der Metternichschen Zeit (Ypsilanti, Feindschaft gegen die Befreiung Griechenlands) hätte in Reichstadt fallen lassen, wenn es der englischen Unterstützung sicher geblieben wäre. Der Bann der Dankbarkeit gegen den Kaiser Nicolaus war bereits durch Buol während des Krimkrieges gebrochen, und auf dem Pariser Congresse war die Haltung Oestreichs um so deutlicher in die alte Metternichsche Richtung zurückgetreten, als sie nicht durch die finanziellen Beziehungen jenes Staatsmannes zum russischen Kaiser gemildert, vielmehr durch Kränkung der Eitelkeit des Grafen Buol verschärft war. Das Oestreich von 1856 würde ohne die zersetzende Wirkung ungeschickter englischer Politik selbst um den Preis Bosniens sich weder von England noch von der Pforte losgesagt haben. So wie die Sachen aber heut liegen, ist es nicht wahrscheinlich, daß der Sultan von England oder Oestreich noch so viel Beistand und Schutz erwartet, wie ihm Rußland, ohne eigne Interessen Preis zu geben, zusagen und vermöge seiner Nachbarschaft erfolgreich gewähren kann. (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)

 

Abs. 779 Unser Ansehn und unsre Sicherheit werden sich um so nachhaltiger entwickeln, je mehr wir uns bei Streitigkeiten, die uns nicht unmittelbar berühren, in der Reserve halten und unempfindlich werden gegen jeden Versuch, unsre Eitelkeit zu reizen und auszubeuten, Versuche, wie sie während des Krimkrieges von der englischen Presse und dem englischen Hofe und den auf England gestützten Strebern an unserm eignen Hofe gemacht wurden, indem man uns mit der Entziehung der Titulatur einer Großmacht so erfolgreich bedrohte, daß Herr von Manteuffel uns in Paris großen Demüthigungen aussetzte, um zur Mitunterschrift eines Vertrages zugelassen zu werden, an den nicht gebunden zu sein uns nützlich gewesen sein würde 1). Deutschland würde auch heut eine große Thorheit begehn, wenn es in orientalischen Streitfragen ohne eignes Interesse früher Partei nehmen wollte, als die andern, mehr (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)

 

Abs. 781 [2-266] interessirten Mächte. Wie das schwächere Preußen schon während des Krimkrieges Momente hatte, in denen es bei entschlossener Rüstung im Sinne östreichischer Forderungen und über dieselben hinaus den Frieden gebieten und sein Verständniß mit Oestreich über deutsche Fragen fördern konnte, so wird auch Deutschland in zukünftigen orientalischen Händeln, wenn es sich zurückzuhalten weiß, den Vortheil, daß es die in orientalischen Fragen am wenigsten interessirte Macht ist, um so sichrer verwerthen können, je länger es seinen Einsatz zurückhält, auch wenn dieser Vortheil nur in längerem Genusse des Friedens bestände. Oestreich, England, Italien werden einem russischen Vorstoße auf Konstantinopel gegenüber immer früher Stellung zu nehmen haben als die Franzosen, weil die orientalischen Interessen Frankreichs weniger zwingend und mehr im Zusammenhange mit der deutschen Grenzfrage zu denken sind. Frankreich würde in russisch-orientalischen Krisen weder auf eine neue „westmächtliche“ Politik, noch um seiner Freundschaft mit Rußland willen auf eine Bedrohung Englands sich einlassen können, ohne vorgängige Verständigung oder vorgängigen Bruch mit Deutschland. (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)

 

Abs. 789 [2-270] vorschwebte, als sie ihrem zweiten Enkel den Namen Constantin gab, fehlt das placet der Praxis. Befreite Völker sind nicht dankbar, sondern anspruchsvoll, und ich denke mir, daß die russische Politik in der heutigen realistischen Zeit mehr technisch als schwunghaft vorgehn wird in Behandlung der orientalischen Fragen. Ihr erstes praktisches Bedürfniß für Kraftentwicklung im Oriente ist die Sicherstellung des Schwarzen Meeres. Gelingt es, einen festen Verschluß des Bosporus durch Geschütz- und Torpedoanlagen zu erreichen, so ist die Südküste Rußlands noch besser geschützt als die baltische, der die überlegnen englisch-französischen Flotten im Krimkriege nicht viel anzuhaben vermochten. (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)