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Abs. 41 Aus meiner ständisch-liberalen Stimmung, für die ich in Pommern kaum Verständniß und Theilnahme, in Schönhausen aber die Zustimmung von Kreisgenossen wie Graf Wartensleben-Karow, Schierstädt-Dahlen und Andern fand, denselben Elementen, die zum Theil zu den später unter der neuen Aera gerichtlich verurtheilten Kirchen-Patronen gehörten, aus dieser Stimmung wurde ich wieder entgleist durch die mir unsympathische Art der Opposition des Ersten Vereinigten Landtags, zu dem ich erst für die letzten sechs Wochen der Session wegen Erkrankung des Abgeordneten von Brauchitsch als dessen Stellvertreter einberufen wurde. Die Reden der Ostpreußen Saucken-Tarputschen, Alfred Auerswald, die Sentimentalität von Beckerath, der rheinisch-französische Liberalismus von Heydt und Mevissen und die polternde Heftigkeit der Vinckeschen Reden waren mir widerlich, und auch wenn ich die Verhandlungen heut lese, so machen sie mir den Eindruck von importirter Phrasen-Schablone. Ich hatte das Gefühl, daß der König auf dem richtigen Wege sei und den Anspruch darauf habe, daß man ihm Zeit lasse und ihn in seiner eignen Entwicklung schone. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 118 [1-38] mich in den Hintergrund gezogen hatte, weil ich nicht wußte, ob er in seiner Eigenschaft als "Abgeordneter für Wirsitz" mit mir gesehn sein wollte, erkannte er mich in den hintersten Reihen des Publikums, bahnte sich den Weg durch die vor mir Stehenden, reichte mir die Hand und sagte: "Ich weiß, daß Sie für mich thätig gewesen sind, und werde Ihnen das nie vergessen." (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 191 Die Abneigung, Minister zu werden, wurde verstärkt durch die Vorstellung, daß persönliche Gefahr damit verbunden sein könne, wie das Vorkommen körperlicher Mißhandlung conservativer Abgeordneter auf der Straße schon gezeigt habe. Nach den Gewöhnungen, welche die Straßenbevölkerung angenommen habe, und (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 192 [1-50] bei dem Einflusse, den Abgeordnete der äußersten Linken auf sie besäßen, müsse man auf größere Ausschreitungen gefaßt sein, wenn die Regirung dem demokratischen Andringen Widerstand zu leisten und in festere Wege einzulenken versuche. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 207 Die Frankfurter Versammlung, in demselben doppelten Irrthum befangen, behandelte die dynastischen Fragen als überwundenen Standpunkt, und mit der theoretischen Energie, welche dem Deutschen eigen ist, auch in Betreff Preußens und Oestreichs. Diejenigen Abgeordneten, welche in Frankfurt über die Stimmung der preußischen Provinzen und der deutsch-östreichischen Länder kundige Auskunft geben konnten, waren zum Theil interessirt bei der Verschweigung der Wahrheit; die Versammlung täuschte sich, ehrlich oder unehrlich, über die Thatsache, daß im Falle eines Widerspruchs zwischen einem Frankfurter Reichstagsbeschluß und einem preußischen Königsbefehl der erstere bei sieben Achtel der preußischen Bevölkerung leichter oder garnicht in's Gewicht fiel. Wer damals in unsern Ostprovinzen gelebt hat, wird heut noch die Erinnerung haben, daß die Frankfurter Verhandlungen bei allen den Elementen, in deren Hand die materielle Macht lag, bei allen denen, welche in Conflictsfällen Waffen zu führen oder zu befehlen hatten, nicht so ernsthaft aufgefaßt wurden, wie es nach der Würde der wissenschaftlichen und parlamentarischen Größen, die dort versammelt waren, hätte erwartet werden können. Und nicht nur in Preußen, sondern auch in den großen Mittelstaaten hätte damals ein monarchischer Befehl, der die Masse der Fäuste dem Fürsten zu Hülfe aufrief, falls er erfolgte, eine ausreichende Wirkung gehabt; nicht überall in dem Maße, wie es in Preußen der Fall war, aber doch in einem Maße, welches überall dem Bedürfniß materieller Polizeigewalt genügt haben würde, wenn die Fürsten den Muth gehabt hätten, Minister anzustellen, die ihre Sache fest und offen vertraten. Es war dies im Sommer 1848 in Preußen nicht der Fall gewesen; sobald aber im November der König sich entschloß, Minister zu ernennen, welche bereit waren, die Kronrechte ohne Rücksicht auf Parlamentsbeschlüsse zu vertreten, war der ganze Spuk (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 214 [1-60] Einzelheiten der künftigen Verfassung, unter denen eine der breitesten Stellen die Frage von dem Gesandschaftsrecht der deutschen Fürsten neben dem des Deutschen Reiches einnahm 1). Ich habe damals in den mir zugänglichen Kreisen am Hofe und unter den Abgeordneten die Ansicht vertreten, daß das Gesandschaftsrecht nicht die Wichtigkeit habe, die man ihm beilegte, sondern der Frage von dem Einflusse der einzelnen Bundesfürsten im Reiche oder im Auslande untergeordnet sei. Wäre der Einfluß eines solchen auf die Politik gering, so würden seine Gesandschaften im Auslande den einheitlichen Eindruck des Reiches nicht abschwächen können; bliebe sein Einfluß auf Krieg und Frieden, auf die politische und finanzielle Leitung des Reiches oder auf die Entschließungen fremder Höfe stark genug, so gebe es kein Mittel, zu verhindern, daß fürstliche Correspondenzen oder irgend welche mehr oder weniger distinguirte Privatleute, bis in die Kategorie der internationalen Zahnärzte hinein, die Träger politischer Verhandlungen würden. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 228 [1-65] mittelalterlichen Phantasie des Königs machte und dazu beitrug, daß der König über historische Formfragen und reichsgeschichtliche Erinnerungen die Gelegenheiten zu praktischem Eingreifen in die Entwicklung der Gegenwart versäumte. Das tempus utile für Einrichtung des Dreikönigsbundes wurde dilatorisch mit nebensächlichen Formfragen ausgefüllt, bis Oestreich wieder stark genug war, um Sachsen und Hanover zum Rücktritt zu vermögen, so daß beide Mitbegründer dieses Dreibundes in Erfurt ausfielen. Während des Erfurter Parlaments, in einer von dem General von Pfuel geladenen Gesellschaft, kamen vertrauliche Nachrichten einiger Abgeordneten zur Sprache über die Stärke der östreichischen Armee, die sich in Böhmen sammelte und dem Parlament als Gegengewicht und Correctiv dienen sollte. Es wurden verschiedene Zahlen, 80000 und 130000 Mann angegeben. Radowitz hörte eine Zeit lang ruhig zu und sagte dann mit dem ihm eignen Ausdruck unwiderleglicher Gewißheit auf seinen regelmäßigen Zügen in entscheidendem Tone: "Oestreich hat in Böhmen 28254 Mann und 7132 Pferde." Die Tausende, die er angab, sind mir obiter in Erinnerung, die übrigen Ziffern setze ich nach Gutdünken hinzu, nur um die erdrückende Genauigkeit der Angaben des Generals anschaulich zu machen. Natürlich brachten diese Zahlen aus dem Munde des amtlichen und competenten Vertreters der preußischen Regirung einstweilen jede abweichende Meinung zum Schweigen. Wie stark die östreichische Armee im Frühjahr 1850 in Böhmen gewesen ist, wird heut wohl feststehn; daß sie zur Olmützer Zeit erheblich mehr als 100000 Mann betrug, habe ich annehmen müssen *) *und hält sich so seiner Sache gewiß. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 238 Im November 1850 wurde ich gleichzeitig als LandwehrOffizier zu meinem Regimente und als Abgeordneter zu der bevorstehenden Kammersession einberufen 2). Auf dem Wege über Berlin zu dem Marschquartier des Regiments meldete ich mich bei dem Kriegsminister von Stockhausen, der mir persönlich befreundet und für kleine persönliche Dienste dankbar war. Nachdem ich den Widerstand des alten Portiers überwunden und vorgelassen war, gab ich meiner durch die Einberufung und den Ton der Oestreicher etwas erregten kriegerischen Stimmung Ausdruck. Der Minister, ein alter, schneidiger Soldat, dessen moralischer und physischer Tapferkeit ich sicher war, sagte mir in der Hauptsache Folgendes: (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 242 [1-69] in zwei Centren außerhalb der Hauptstadt, etwa in Danzig und in Westfalen, mobilisiren; vorwärts Berlin können wir erst in 14 Tagen etwa 70000 Mann haben, und auch die würden nicht reichen gegen die Streitkräfte, die Oestreich jetzt schon gegen uns in Bereitschaft hat." Es sei, fuhr er fort, vor Allem nöthig, wenn wir schlagen wollten, Zeit zu gewinnen, und deshalb zu wünschen, daß die bevorstehenden Verhandlungen im Abgeordnetenhause nicht den Bruch beschleunigten durch Erörterungen und Beschlüsse, wie man sich deren nach den herrschenden Stimmen in der Presse versehn müsse. Er bäte mich daher, in Berlin zu bleiben und auf die bereits anwesenden und nächstens eintreffenden befreundeten Abgeordneten vertraulich im Sinne der Mäßigung einzuwirken. Er klagte über die Verzettelung der Stämme, die in ihrer Friedensformation ausgerückt und verwendet wären und sich nun fern von ihren Ersatzbezirken und Zeughäusern befänden, theils im Inlande, zum großen Theil aber im Südwesten Deutschlands, also in Oertlichkeiten, wo eine schleunige Mobilmachung auf Kriegsfuß sich schwer ausführen lasse 1). (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 246 Die Erwägungen eines sachkundigen und ehrliebenden Generals, wie Stockhausen, konnte ich einer Kritik nicht unterziehn und vermag das auch heut noch nicht. Die Schuld an unsrer militärischen Gebundenheit, die er mir schilderte, lag nicht an ihm, sondern an der Planlosigkeit, mit der unsre Politik auf militärischem Gebiete sowohl wie auf diplomatischem in und seit den Märztagen mit einer Mischung von Leichtfertigkeit und Knauserei geleitet worden war. Auf militärischem namentlich war sie von der Art, daß man nach den getroffenen Maßregeln voraussetzen muß, daß eine kriegerische oder auch nur militärische Lösung der schwebenden Fragen in letzter Instanz in Berlin überhaupt nicht in Erwägung gezogen wurde. Man war zu sehr mit öffentlicher Meinung, Reden, Zeitungen und Verfassungsmacherei präoccupirt, um auf dem Gebiete der auswärtigen, selbst nur der außerpreußischen deutschen Politik zu festen Absichten und praktischen Zielen gelangen zu können. Stockhausen war nicht im Stande, die Unterlassungssünden und die Planlosigkeit unsrer Politik durch plötzliche militärische Leistungen wieder gut zu machen, und gerieth so in eine Situation, die selbst der politische Leiter des Ministeriums, Graf Brandenburg, nicht für möglich gehalten hatte. Denn derselbe erlag der Enttäuschung, welche sein hohes patriotisches Ehrgefühl in den letzten Tagen seines Lebens erlitten hatte 1). Es ist Unrecht, Stockhausen der Kleinmüthigkeit anzuklagen, und ich habe Grund zu glauben, daß auch König Wilhelm I. zu der Zeit, da ich sein Minister wurde, meine Auffassung bezüglich der militärischen Situation im November 1850 theilte. Wie dem auch sei, nur fehlte damals jede Unterlage zu einer Kritik, die ich als conservativer Abgeordneter einem Minister auf militärischem Gebiete, als Landwehr-Lieutenant dem General gegenüber hätte ausüben können. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 499 [1-144] die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses angeeignet hätte, so wäre immer, um ein Statsgesetz nach Art. 99 zu Stande zu bringen, die Zustimmung des dritten Factors, des Königs, unentbehrlich gewesen, um dem Etat Gesetzeskraft zu geben. Nach meiner Ueberzeugung würde König Wilhelm seine Zustimmung auch dann versagt haben, wenn das Herrenhaus in seinen Beschlüssen mit dem Abgeordnetenhause übereingestimmt hätte. Daß die "Erste Kammer" das gethan haben würde, glaube ich nicht, vermuthe im Gegentheil, daß ihre durch Sachlichkeit und Leidenschaftslosigkeit überlegnen Debatten schon viel früher auf das Abgeordnetenhaus mäßigend eingewirkt und dessen Ausschreitungen zum Theil verhindert haben würden. Das Herrenhaus hatte nicht dasselbe Schwergewicht in der öffentlichen Meinung, man war geneigt, in ihm eine Doublüre der Regirungsgewalt und eine parallele Ausdrucksform des königlichen Willens zu sehn. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 500 Ich war schon damals solchen Erwägungen nicht unzugänglich, hatte im Gegentheil dem Könige gegenüber, als er seinen Plan wiederholt mit mir besprach, lebhaft befürwortet, neben einer gewissen Anzahl erblicher Mitglieder den Hauptbestand des Herrenhauses aus Wahlcorporationen hervorgehn zu lassen, deren Unterlage die 12000 oder 13000 Rittergüter, vervollständigt durch gleichwerthigen Grundbesitz, durch die Magistrate bedeutender Städte und die Höchstbesteuerten ohne Grundbesitz nach einem hohen Census abgeben sollten, und daß der nichterbliche Theil der Mitglieder ebenso wie die des Abgeordnetenhauses der Wahlperiode und der Auflösung unterliegen sollte. Der König wies diese Ansichten so weit und geringschätzig von sich, daß ich jede Hoffnung auf eingehende Erörterung derselben aufgeben mußte. Auf dem mir neuen Gebiete der Gesetzgebung hatte ich damals nicht die Sicherheit des Glaubens an die Richtigkeit eigner Auffassungen, welche erforderlich gewesen wäre, um mich in den mir gleichfalls neuen unmittelbaren Beziehungen zu dem Könige und in den Rücksichten auf meine amtliche Stellung zum Festhalten an abweichenden eignen Ansichten (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 880 [1-260] Militäretat ruhig und deutlich opponirt, aber keine Krisis über dieselben herbeiführt, sondern die Kammer das Budget vollständig durchberathen läßt. Das wird, wie ich annehme, im September geschehn sein. Dann geht das Budget, von dem ich voraussetze, daß es für die Regirung nicht annehmbar ist, an das Herrenhaus, falls man sicher ist, daß die verstümmelte Budget-Vorlage dort abgelehnt wird. Dann, oder andernfalls schon vor der Berathung im Herrenhause, könnte man es, mit einer Königlichen Botschaft, welche mit sachlicher Motivirung die Zustimmung der Krone zu einem derartigen Budgetgesetz verweigert, an die Abgeordneten zurückgeben, mit der Aufforderung zu neuer Berathung. Eine 30tägige Vertagung des Landtages würde vielleicht an diesem Punkte, oder schon früher, einzuschalten sein. Je länger sich die Sache hinzieht, desto mehr sinkt die Kammer in der öffentlichen Achtung, da sie den Fehler begangen hat und noch weiter begehn wird, sich in alberne Kleinigkeiten zu verbeißen, und da sie keinen Redner hat, der nicht die Langeweile des Publikums vermehrte. Kann man sie dahin bringen, daß sie sich in solche Lappalie wie die Continuität des Herrenhauses verbeißt und darüber Krieg anfängt und die Erledigung der eigentlichen Geschäfte verschleppt, so ist es ein großes Glück. Sie wird müde werden, hoffen, daß der Regirung der Athem ausgeht, und die Kreisrichter müssen mit den Kosten ihrer Stellvertretung geängstigt werden. Wenn sie mürbe wird, fühlt, daß sie das Land langweilt, dringend auf Concessionen Seitens der Regirung hofft, um aus der schiefen Stellung erlöst zu werden, dann ist m. E. der Moment gekommen, ihr durch meine Ernennung zu zeigen, daß man weit entfernt ist, den Kampf aufzugeben, sondern ihn mit frischen Kräften aufnimmt. Das Zeigen eines neuen Bataillons in der ministeriellen Schlachtordnung macht dann vielleicht einen Eindruck, der jetzt nicht erreicht würde; besonders wenn vorher etwas mit Redensarten von Octroyiren und Staatsstreicheln gerasselt ist, so hilft mir meine alte Reputation von leichtfertiger Gewaltthätigkeit, und man denkt ‚nanu geht's (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 954 [1-284] sichern, müßten die Abgeordneten das möglichst große Gewicht von Eisen und Blut in die Hand des Königs von Preußen legen, damit er es nach seinem Ermessen in die eine oder die andre Wagschale werfen könne. Ich hatte demselben Gedanken schon im Abgeordnetenhause 1849 Schramm gegenüber auf der Tribüne Ausdruck gegeben bei Gelegenheit einer Amnestie-Debatte 1). (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 955 Roon, der zugegen war, sprach beim Nachhausegehn seine Unzufriedenheit mit meinen Aeußerungen aus, sagte u. A., er hielte dergleichen "geistreiche Excurse" unsrer Sache nicht für förderlich. Meine eignen Gedanken bewegten sich zwischen dem Wunsche, Abgeordnete für eine energische nationale Politik zu gewinnen, und der Gefahr, den König in seiner vorsichtigen und gewaltsame Mittel scheuenden Veranlagung mißtrauisch gegen mich und meine Absichten zu machen. Um dem vermuthlichen Eindruck der Presse auf ihn bei Zeiten entgegen zu wirken, fuhr ich ihm nach Jüterbogk entgegen. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 963 Wenn auch die abschreckenden geschichtlichen Reminiscenzen, die man dem Könige in Baden als Beweise beschränkter Ungeschicklichkeit vorgehalten hatte, auf unsre Verhältnisse nur eine unehrliche oder phantastische Anwendung finden konnten, so war unsre Situation doch ernst genug. Einzelne fortschrittliche Zeitungen hofften, mich zum Besten des Staates Wolle spinnen zu sehn, und am 17. Februar 1863 erklärte das Abgeordnetenhaus (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 1004 Sie sagen ferner: das Volk verlange die Ausführung des § 99 der Verfassung. Ich möchte wohl wissen, wie viele Menschen im Volke den § 99 kennen oder ihn je haben nennen hören!!! Das ist aber einerlei und thut nichts zur Sache, da für die Regierung der Paragraph existirt und befolgt werden muß. Wer hat denn aber die Ausführung des Paragraphen unmöglich gemacht? Habe ich nicht von der Winter- zur Sommer-Session die Concession von 4 Millionen gemacht und danach das Militair-Budget - leider! - modificirt? Habe ich nicht mehrere andere Concessionen - leider! - gemacht, um das Entgegenkommen der Regierung dem neuen Hause zu beweisen? Und was ist die Folge gewesen?? Daß das Abgeordnetenhaus gethan hat, als hätte ich nichts gethan, um entgegenzukommen, um nur immer mehr und neue Concessionen zu erlangen, die zuletzt dahin führen sollten, daß die Regierung unmöglich würde. Wer einen solchen Gebrauch von seinem Rechte macht, d. h. das Budget so reducirt, daß Alles im Staate aufhört, der gehört in's Tollhaus! Wo steht es in der Verfassung, daß nur die Regierung Concessionen machen soll und die Abgeordneten niemals??? Nachdem ich die meinigen in unerhörter Ausdehnung gemacht hatte, war es am Abgeordnetenhaus, die seinigen zu machen. Dies aber wollte es unter keiner Bedingung, und die sogenannte ,Episode' bewies wohl mehr wie sonnenklar, daß uns eine Falle nach der anderen gelegt werden sollte, in welche sogar Ihr Vetter Patow und Schwerin fielen durch die Schlechtigkeit des Bockum-Dolffs. 234000 Reichsthaler sollten noch pro 1862 abgesetzt werden, um das Budget annehmen zu können, während der Kern der Frage erst 1863 zur Sprache kommen sollte; dies lag gedruckt vor; und als ich darauf eingehe, erklärt nun erst Bockum-Dolffs, daß ihrerseits, d. h. seiner politischen Freunde, dies Eingehen nur angenommen werden könne, wenn sofort in der Commission die Zusage und anderen Tags im Plenum das Gesetz (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 1006 Das Abgeordnetenhaus hat von seinem Recht Gebrauch gemacht und das Budget reducirt. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 1010 Da, wie oben gezeigt, das Abgeordnetenhaus sein Recht zur Vernichtung der Armée und des Landes benutzte, so mußte ich wegen jenes ‚Nichts? suppléiren und als guter Hausvater das Haus weiter führen und spätere Rechenschaft geben. Wer hat also den § 99 unmöglich gemacht??? Ich wahrlich nicht! (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 1050 Die Nachforschungen nach dem Vermittler dieses Artikels haben zu keinem sichern Ergebnisse geführt. Eine Reihe von Umständen ließ den Verdacht auf den Legationsrath Meyer fallen. Die ausführlicheren Mittheilungen an die "Grenzboten" und die "Süddeutsche Post" des Abgeordneten Brater scheinen durch einen kleinen deutschen Diplomaten *)gegangen zu sein, der das Vertrauen der Kronprinzlichen Herrschaften besaß, behielt und ein Vierteljahrhundert später durch indiscrete Veröffentlichung ihm anvertrauter Manuscripte des Prinzen mißbraucht hat. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 1057 Im September, nachdem der König mit mir über Baden, der Kronprinz direct von Gastein nach Berlin zurückgekehrt war, gewannen die Einflüsse und Befürchtungen wieder die Oberhand, die ihn zu dem Auftreten im Juni bewogen hatten. Den Tag, nachdem die Auflösung des Abgeordnetenhauses beschlossen worden, schrieb er mir: (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 1247 [1-365] Unter diesen Umständen fehlt dem römischen Stuhl die Möglichkeit, uns für die Concessionen, die er von uns verlangt, ein Aequivalent zu bieten, namentlich da er über den Einfluß der Jesuiten auf deutsche Verhältnisse gegenwärtig nicht verfügt. Die Machtlosigkeit des Papstes ohne diesen Beistand hat sich besonders bei den Nachwahlen erkennen lassen, wo die katholischen Stimmen, gegen den Willen des Papstes, für socialistische Candidaten abgegeben wurden, und der Dr. Moufang in Mainz öffentlich Verpflichtungen in dieser Beziehung einging. Die hiesigen Verhandlungen mit dem Nuntius können das Stadium der gegenseitigen Recognoscirung nicht überschreiten; sie haben mir die Ueberzeugung gewährt, daß ein Abschluß noch nicht möglich ist; ich glaube aber vermeiden zu sollen, daß sie gänzlich abreißen, und dasselbe scheint der Nuntius zu wünschen. In Rom hält man uns offenbar für hülfsbedürftiger, als wir sind, und überschätzt den Beistand, den man uns, bei dem besten Willen, im Parlamente zu leisten vermag. Die Wahlen zum Reichstage haben den Schwerpunkt des letztern weiter nach rechts geschoben, als man annahm. Das Uebergewicht der Liberalen ist vermindert, und zwar in höherm Maße, als die Ziffern es erscheinen lassen. Ich war bei Beantragung der Auflösung nicht im Zweifel, daß die Wähler regirungsfreundlicher sind als die Abgeordneten, und die Folge davon ist gewesen, daß viele Abgeordnete, welche ungeachtet ihrer oppositionellen Haltung wiedergewählt wurden, dies nur durch Zusagen zu Gunsten der Regirung erreichen konnten. Wenn sie diese Zusagen nicht halten, und eine neue Auflösung folgen sollte, so werden sie nicht mehr Glauben bei den Wählern finden und nicht wieder gewählt werden. Die Folge der gelockerten Beziehungen zu den liberalen und centralistischen Abgeordneten wird, meines ehrfurchtsvollen Dafürhaltens, ein festeres Zusammenhalten der verbündeten Regirungen unter einander sein. Das Anwachsen der socialdemokratischen Gefahr, die jährliche Vermehrung der bedrohlichen Räuberbande, mit der wir gemeinsam unsre größern Städte bewohnen, die Versagung (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 1271 [1-370] Adresse der besitzlosen Classen von Lasker und Richter haben die revolutionäre Tendenz dieser Abgeordneten so klar und nackt hingestellt, daß für Anhänger der monarchischen Regirungsform keine politische Gemeinschaft mehr mit ihnen möglich ist. Der Plan des Städtebundes mit seinem ständigen Ausschuß am Sitze des Reichstages war der Berufung der "Föderirten" aus den französischen Provinzialstädten im Jahre 1792 nachgebildet. Der Versuch fand im deutschen Volke keinen Anklang, zeigt aber, wie auch in unsern fortschrittlichen Abgeordneten das Material für Conventsdeputirte zu finden wäre. Die Vorarbeiter der Revolution recrutiren sich bei uns ziemlich ausschließlich aus dem gelehrten Proletariat, an welchem Norddeutschland reicher ist als der Süden. Es sind die studirten und hochgebildeten Herrn, ohne Besitz, ohne Industrie, ohne Erwerb, welche entweder vom Gehalt im Staatsund Gemeindedienst oder von der Presse, häufig von beiden leben, und welche im Reichstage erheblich mehr als die Hälfte der Abgeordneten stellen, während im wählenden Volke ihre Anzahl einen geringen Procentsatz nicht überschreitet. Diese Herrn sind es, welche das revolutionäre Ferment liefern und die fortschrittliche und nationalliberale Fraction und die Presse leiten. Die Sprengung ihrer Fraction ist nach meinem unterthänigsten Dafürhalten eine wesentliche Aufgabe der erhaltenden Politik, und die Reform der wirthschaftlichen Interessen bildet den Boden, auf welchem die Regirungen diesem Ziele mehr und mehr näher treten können. (AAABismarckgedanken1korr-20160203.doc)
Abs. 46 [2-18] einen Canal durch Holstein zu bauen, in Friede und Freundschaft mit Oestreich gewonnen worden war. Ich denke mir, daß das Verfügungsrecht über den Kieler Hafen bei Sr. Majestät schwerer in das Gewicht gefallen ist, als der Eindruck der neuerworbenen freundlichen Landschaft von Ratzeburg mit seinem See. Die deutsche Flotte, und der Kieler Hafen als Unterlage ihrer Errichtung, war seit 1848 einer der zündenden Gedanken gewesen, an deren Feuer die deutschen Einheitsbestrebungen sich zu erwärmen und zu versammeln pflegten. Einstweilen aber war der Haß meiner parlamentarischen Gegner stärker als das Interesse für die deutsche Flotte, und es schien mir, daß die Fortschrittspartei damals die neuerworbenen Rechte Preußens auf Kiel und die damit begründete Aussicht auf unsre maritime Zukunft lieber in den Händen des Auctionators Hannibal Fischer, als in denen des Ministeriums Bismarck gesehn hätte 1). Das Recht zu Klagen und Vorwürfen über die Vernichtung deutscher Hoffnungen durch diese Regirung hätte den Abgeordneten größere Befriedigung gewährt als der gewonnene Fortschritt auf dem Wege zu ihrer Erfüllung. Ich schalte einige Stellen aus der Rede ein, welche ich am 1. Juni 1865 für den außerordentlichen Geldbedarf der Marine gehalten habe 2). „Es hat wohl keine Frage die öffentliche Meinung in Deutschland in den letzten 20 Jahren so einstimmig interessirt, wie grade die Flottenfrage. Wir haben gesehn, daß die Vereine, die Presse, die Landtage ihren Sympathien Ausdruck gaben, diese Sympathien haben sich in Sammlung von verhältnißmäßig recht bedeutenden Beträgen bethätigt. Den Regirungen, der conservativen Partei wurden Vorwürfe gemacht über die Langsamkeit und über die Kargheit, mit der in dieser Richtung vorgegangen würde; es waren besonders die liberalen Parteien, die dabei thätig 1) Vgl. die Rede vom 1. Juni 1865, Politische Reden II 356. 2) Politische Reden a. a. O. S. 355 ff. (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)
Abs. 54 Es liegt im Rückblick auf diese Situation ein bedauerlicher Beweis, bis zu welchem Maße von Unehrlichkeit und Vaterlandslosigkeit die politischen Parteien bei uns auf dem Wege des Parteihasses gelangen. Es mag Aehnliches anderswo vorgekommen sein, doch weiß ich kein Land, wo das allgemeine Nationalgefühl und die Liebe zum Gesammtvaterlande den Ausschreitungen der Parteileidenschaft so geringe Hindernisse bereitet wie bei uns. Die für apokryph gehaltene Aeußerung, welche Plutarch dem Cäsar in den Mund legt, lieber in einem elenden Gebirgsdorfe der Erste, als in Rom der Zweite sein zu wollen, hat mir immer den Eindruck eines ächt deutschen Gedankens gemacht. Nur zu viele unter uns deuten im öffentlichen Leben so und suchen das Dörfchen, und wenn sie es geographisch nicht finden können, die Fraction, resp. Unterfraction und Coterie, wo sie die Ersten sein können. Diese Sinnesrichtung, die man nach Belieben Egoismus oder Unabhängigkeit nennen kann, hat in der ganzen deutschen Geschichte von den rebellischen Herzogen der ersten Kaiserzeiten bis auf die unzähligen reichsunmittelbaren Landesherrn, Reichs-Städte, Reichs-Dörfer, -Abteien und -Ritter und die damit verbundene Schwäche und Wehrlosigkeit des Reiches ihre Bethätigung gefunden. Einstweilen findet sie im Parteiwesen, welches die Nation zerklüftet, stärkern Ausdruck als in der rechtlichen oder dynastischen Zerrissenheit. Die Parteien scheiden sich weniger durch Programme und Prinzipien als durch die Personen, welche als Condottieri an der Spitze einer jeden stehn und für sich eine möglichst große Gefolgschaft von Abgeordneten und publicistischen Strebern anzuwerben suchen, die hoffen, mit dem Führer oder den Führern zur Macht zu gelangen. Prinzipielle programmatische Unterschiede, durch welche die Fractionen zu Kampf und Feindschaft gegen einander genöthigt würden, liegen (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)
Abs. 191 Die Eröffnung des Landtags stand unmittelbar nach unsrer Ankunft in Berlin bevor, und die Thronrede kam in Prag zur Berathung. Dort trafen Abgeordnete der conservativen Fraction ein, die während des Conflicts zeitweise bis auf elf Mitglieder herabgegangen war und durch die Wahlen am 3. Juli unter dem Eindruck der ersten Siege vor Königgrätz sich auf mehr als (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)
Abs. 397 Der Bruch der Conservativen mit mir, der 1872 mit Geräusch vollzogen wurde, hatte zuerst 1868 vorgespukt in den Debatten über den hanöverschen Provinzialfonds. Nachdem der Gesetzentwurf, den die Regirung in Erfüllung einer den Hanoveranern im Jahr zuvor gemachten Zusage dem Landtage vorgelegt hatte, schon in der Commission von den conservativen Mitgliedern lebhaft bekämpft worden war, brachten die Abgeordneten von Brauchitsch und von Diest im Plenum einen Antrag ein, der die Vorlage wesentlich einschränkte. Der erstre entwickelte als Wortführer die Gründe, aus denen die conservative Partei nicht für das Gesetz stimmen könne. Meine eingehende Widerlegung habe ich damals mit den Worten geschlossen: „Es ist eine constitutionelle Regirung nicht möglich, wenn die Regirung nicht auf eine der größern Parteien mit voller Sicherheit zählen kann, auch in solchen Einzelheiten, die der Partei vielleicht nicht durchweg gefallen, — wenn nicht diese Partei das Facit ihrer Rechnung dahin zieht: wir gehn im Großen und Ganzen mit der Regirung; wir finden zwar, daß sie ab und zu eine Thorheit begeht, aber doch bisher noch weniger Thorheiten brachte, als annehmbare Maßregeln; um deswillen wollen wir ihr die Einzelheiten zu Gute halten. Hat eine Regirung nicht wenigstens Eine Partei im Lande, die auf ihre Auffassungen und Richtungen in dieser Art eingeht, dann ist ihr das (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)
Abs. 418 Die Opposition der Conservativen gegen das noch von Mühler vorgelegte Schulaufsichtsgesetz begann schon im Abgeordnetenhause und ging darauf aus, die Localinspection über die Volksschule gesetzlich dem Ortsgeistlichen zu vindiciren, auch in Polen, während die Vorlage den Behörden freie Hand in der Wahl des Schulinspectors ließ. In der erregten Debatte, an die manche alte Mitglieder des Landtags sich 1892 erinnert haben werden, sagte ich am 13. Februar 1872: (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)
Abs. 508 [2-180] seiner Amtsdauer; er hatte keine andern Interessen als die des Kreises zu vertreten und für keine andern Wünsche als die seiner Eingesessenen zu streben. Es liegt auf der Hand, wie nützlich eine solche Institution nach oben und nach unten wirkte, und mit wie geringen Mitteln an Menschen und Geld die Kreisgeschäfte betrieben werden konnten. Seitdem ist der Landrath ein reiner Regirungsbeamter geworden, seine Stellung ein Durchgangsposten für weitre Beförderung im Staatsdienste, eine Erleichterung der Wahl zum Abgeordneten; und in der Eigenschaft des letztern wird er, wenn er strebsam ist, seine Beziehungen nach oben als Beamter wichtiger finden als die zu den Einsassen seines Kreises. Zugleich sind die neugeschaffnen örtlichen Amtsvorstände nicht Organe der Selbstverwaltung, nach Analogie der städtischen Behörden, sondern eine unterste schreiberartig wirkende Klasse der Bürokratie geworden, durch welche jede unpraktische oder müßige Anregung der unzulänglich beschäftigten und den Realitäten des Lebens fremden Centralbürokratie über das platte Land verbreitet wird und die die unglücklichen Selbst-Verwalter nöthigt, Berichte und Listen zusammenzustellen, um die Wißbegierde von Beamten zu befriedigen, die mehr Zeit als Staatsgeschäfte haben. Es ist für Landwirthe oder Industrielle nicht möglich, solchen Anforderungen im „Nebenamte“ zu genügen. An ihre Stelle treten nothwendig mehr und mehr remunerirte Schreiber, deren Kosten durch die Eingesessenen aufzubringen sind und die von der höhern Bürokratie ad nutum abhängig sind. (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)
Abs. 565 [2-197] Juni 1878, aber sie beleuchten zum Theil retrospectiv die damalige Lage und ihre Triebfedern. Graf Botho Eulenburg als Minister des Innern gab damals auf der Tribüne des Landtags ohne Zwang sein Wohlwollen für den Abgeordneten Rickert gegenüber einem Artikel der „Nordd. Allg. Ztg.“ mit absichtlicher Klarheit zu erkennen, für mich um so einleuchtender, als ich keinen Zweifel hatte, daß er jenen von ihm gemißbilligten Artikel mit mir in Verbindung brachte. Wie in der Nacht beim Gewitter jeder Blitz die Gegend deutlich zeigt, so gestatteten auch mir einzelne Schachzüge meiner Gegner die Gesammtheit der Situation zu überblicken, die durch äußerlich achtungsvolle Kundgebungen von persönlichem Wohlwollen bei thatsächlicher Boycottirung erzeugt wurde. Ob ein Cabinet Gladstone, dessen Mission durch die Namen Stosch, Eulenburg, Friedenthal, Camphausen, Rickert und beliebige Abschwächungen des Gattungsbegriffs „Windthorst“ mit katholischen Hofeinflüssen bezeichnet werden kann, wenn es gelang, dasselbe zu Stande zu bringen, in sich haltbar gewesen wäre, ist eine Frage, die sich die Interessenten wohl nicht vorgelegt hatten; der Hauptzweck war der negative, mich zu beseitigen, und über den waren einstweilen die Inhaber der Antheilscheine auf die Zukunft einig. Jeder konnte nachher wieder hoffen, den Andern hinauszudrängen, wie das bei uns im System aller der heterogenen Coalitionen liegt, die nur in der Abneigung gegen das Bestehende einig sind. Die ganze Combination hatte damals keinen Erfolg, weil weder der König noch der Kronprinz dafür zu gewinnen waren. Ueber die Beziehungen des Letztern zu mir waren die strebenden Gegner damals wie später 1888 stets falsch unterrichtet. Er hatte bis an sein Lebensende dasselbe Vertrauen zu mir wie sein Vater, und die Neigung, es zu erschüttern, erreichte bei seiner Gemalin niemals dieselbe kampfbereite Entschiedenheit wie bei der Kaiserin Augusta, die sich auch in der Wahl der Mittel freier bewegte. (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)
Abs. 569 Herr von Gruner, während der Neuen Aera Unterstaatssekretär in dem Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten, wurde bald nach meiner Uebernahme des Ministeriums des Auswärtigen zur Disposition gestellt und durch Herrn von Thile ersetzt. Er gehörte schon seit meiner Ernennung zum Bundesgesandten zu meinen Gegnern, da er diese Stellung als ein Erbtheil von seinem Vater Justus Gruner angesehn hatte; er blieb mir Feind und war geschäftlich unfähig. Im November 1863 richtete er an Se. Majestät ein Schreiben über den Budgetstreit in demselben Sinne, in dem der Oberstlieutenant von Vincke auf Olbendorf (vergl. Bd. I S. 303) und Roggenbach denselben Schritt zu thun für gut befunden hatten. Indem diese Herrn ihre Vorschläge an den König richteten, gingen sie von der Voraussetzung aus, daß derselbe, wenn er ihrem Rathe folgend, dem Abgeordnetenhause nachgäbe, ein andres Ministerium, wenigstens einen andern Ministerpräsidenten und Minister des Auswärtigen berufen werde, ein Ergebniß, für das außerhalb des öffentlichen Lebens Einflüsse in Thätigkeit waren, denen der Hausminister von Schleinitz mit andern dem Hofe nahestehenden Personen seine Dienste widmete. Auch später lebte Herr (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)
Abs. 796 [2-273] Ich halte auch die Voraussetzung für trügerisch, daß ein ungeschickter Gesetzentwurf des Ministeriums im Landtage sachlich genügend richtig gestellt werden wird. Er kann und wird hoffentlich in der Regel abgelehnt werden; ist aber die Frage, die er betrifft, dringend, so liegt die Gefahr vor, daß auch ministerieller Unsinn glatt durch die parlamentarischen Stadien geht, namentlich wenn es dem Verfasser gelingt, den einen oder andern einflußreichen oder beredten Freund für sein Erzeugniß zu gewinnen. Abgeordnete, die einen Gesetzentwurf von mehr als hundert Paragraphen zu lesen sich die Mühe geben oder mit Verständniß zu lesen vermöchten, sind bei der Ueberzahl studirter Leute aus der Justiz und der Verwaltung wohl vorhanden, aber die Lust und das Pflichtgefühl zur Arbeit haben nur wenige, und diese sind vertheilt unter einander bekämpfende Fractionen und Parteibestrebungen, deren Tendenzen es ihnen erschweren, sachlich zu urtheilen. Die meisten Abgeordneten lesen und prüfen nicht, sondern fragen die für eigne Zwecke arbeitenden und redenden Fractionsführer, wann sie in die Sitzung kommen und wie sie stimmen sollen. Das Alles ist aus der menschlichen Natur erklärlich, und niemand ist darüber zu tadeln, daß er nicht aus seiner Haut hinaus kann; nur darf man sich darüber nicht täuschen, daß es ein bedenklicher Irrthum ist, anzunehmen, daß unsern Gesetzen heut zu Tage die Prüfung und vorbereitende Arbeit zu Theil werde, deren sie bedürfen, oder auch nur die, welche sie vor 1848 genossen. Ein Denkmal seiner Flüchtigkeit hat sich der Reichstag von 1867 in der Verfassung des Norddeutschen Bundes gesetzt, das in die Verfassung des Deutschen Reiches übergegangen ist. Der einem Beschlusse des Frankfurter Bundestages nachgebildete Artikel 68 des Entwurfs zählte fünf Verbrechen auf, die, wenn sie gegen den Bund begangen werden, so bestraft werden sollen, als wenn sie gegen einen einzelnen Bundesstaat begangen wären. Die fünfte Nummer war mit „endlich“ eingeführt. Der wegen seiner Gründlichkeit gerühmte Twesten stellte den Verbesserungsantrag, die drei ersten Nummern (AAABismarckgedanken2korr-20160203.doc)