Vojtíšková, Jana/Vít, Šebesta, (Králové)hradecké městské kanceláře do roku 1620 [Die städtischen Kanzleien von Hradec Králové/Königgrätz bis zum Jahre 1620]. Hradec Králové, Ústí nad Orlicí: Oftis 2013. 368 S., zahlreiche Abbildungen im Text und auch als separater Block im Band. Besprochen von Inge Bily.

 

Das vorliegende Buch von Jana Vojtíšková und Vít Šebesta beschäftigt sich mit dem Wirken der städtischen Kanzleien von Hradec Králové/Königgrätz. Kernstück sind die Kapitel I und II, von denen jedes einem bestimmten zeitlichen Abschnitt gewidmet ist: Kapitel I behandelt die Anfänge bis zum Jahre 1526, Kapitel II den sich anschließenden Zeitraum von 1526 bis 1620, bekannt auch als ‚Zeit vor der Schlacht am Weißen Berg‘.

 

Neben dem Inhaltsverzeichnis (S. 3-4) ist diesen beiden Kapiteln eine ausführliche Einleitung (S. 5-16) vorangestellt, verfasst von Jana Vojtíšková, die bereits durch eine Reihe von Publikationen, u. a. auch zu sprachlichen Besonderheiten mittelalterlicher (Rechts-)Texte hervorgetreten ist, vgl. das Literaturverzeichnis des Bandes.

 

Im ersten Kapitel (S. 17-106) wendet sich Jana Vojtíšková den Anfängen der Tätigkeit städtischer Diplomatik in Hradec Králové zu und skizziert deren Entwicklung im Mittelalter. Ausgehend von einer allgemeinen Beschreibung dieser Stadt im Mittelalter (I.1: S. 17-21) werden die äußeren und inneren Faktoren betrachtet, die hier zur Herausbildung des städtischen Kanzleiwesens führten (I.2: S. 22-57). Dabei richtet die Autorin den Blick systematisch auch auf das Umland, vgl. hierzu besonders die Karte auf S. 29 mit der Darstellung der umliegenden Städte und Kleinstädte sowie des Wegenetzes in der Region um Hradec Králové vor der Hussitenzeit. Ebenfalls untersucht werden die kirchlichen Institutionen im Umland und ihr Einfluss auf das Kanzleiwesen der Stadt, weiterhin der Einfluss der königlichen Richter, die unterschiedliche Aufgaben erfüllten, und auch der Einfluss der öffentlichen Notare aus dem Umland sowie das Wirken der Witwe der beiden Könige Václav II. und Rudolf I., Eliška Rejčka (1288-1335), und ihres Hofes. Anschließend wird die Entstehung der städtischen Kanzleien von Hradec Králové beschrieben, worauf Ausführungen zum Rathaus (I.3: S. 57-61), zu den Stadtbüchern (I.4: S. 61-93) und zum Urkundenwesen in den mittelalterlichen Kanzleien (I.5: S. 93-98) folgen. Bevor eine Zusammenfassung (S. 105-106) dieses erste Kapitel beschließt, werden noch die Stadtschreiber bis zum Jahre 1526 (I.6: S. 99-104) vorgestellt.

 

Das zweite Kapitel (S. 107-300) schließt zeitlich direkt an das erste an, denn es beschäftigt sich mit den Kanzleien von Hradec Králové im Zeitraum nach 1526, genauer von 1526-1620 und damit in der ‚Zeit vor der Schlacht am Weißen Berg‘. Zunächst werden von Jana Vojtíšková, die bei den Quellenforschungen und Archivstudien von Vít Šebesta unterstützt wurde, Hradec Králové als Stadt (II.1: S. 107-133) sowie das Rathaus und seine Angestellten im untersuchten Zeitraum vorgestellt. Daran schließt sich eine ausführliche Beschäftigung mit den Stadtschreibern und den verschiedenen Ergebnissen ihrer Tätigkeit (II.2: S. 133-300) an, wobei der Blick nicht nur auf Urkunden gerichtet wird, sondern ebenso auf die Stadtbücher mit einer breiten Palette unterschiedlicher Eintragungen. Der nachfolgende Teil macht mit den Ratsschreibern der zentralen städtischen Kanzlei von Hradec Králové (II.2.1: S. 143-272) bekannt. Besonders sei auf den Abschnitt mit einer Chronologie der in den Quellen nachgewiesenen Ratsschreiber aus der ‚Zeit vor der Schlacht am Weißen Berg‘ (II.2.1.1: S. 152-180) aufmerksam gemacht, außerdem auf die in dieser Zeit entstandenen Stadtbücher und Gerichtsbücher mit vielfältigen Eintragungen (II.2.1.2: S. 180-255). Vorgestellt wird weiterhin die Kanzlei des Stadtkämmerers mit den in den Quellen überlieferten Ergebnissen der Schreiber dieser Kanzlei (II.2.2, II.2.3: S. 273-300). Anschließend wird das Schrifttum betrachtet, das unter dem Einfluss des jeweiligen königlichen Richters von Hradec Králové entstanden ist (II.3: S. 301-312).

 

Auf Kapitel II folgen Schlussbemerkungen (S. 313-316), ein englisches Resümee (S. 317-321) sowie diverse Verzeichnisse und Register: das Quellen- (S. 322-326), Literatur- (S. 327-335) und Abkürzungsverzeichnis (S. 336-337) sowie ein ausführliches Personen- und Ortsregister (S. 338-358). Drei Textbeilagen (S. 359-367) beschließen den Band: I. Der Eidestext des dritten Ratsschreibers Pavel Kavinský vom 20. November 1571 (S. 359-360), II. Eine Abschrift der Verfügung aus dem Jahre 1535 über die Einrichtung einer Kämmerei und der finanziellen Ausstattung städtischer Ämter (S. 361-362) und III. Eine Übersicht der bis zum Jahre 1620 in den Quellen nachgewiesenen Stadtschreiber von Hradec Králové (S. 363-367).

 

Die auf der Grundlage der ausgewerteten Quellen erschlossenen Details werden sowohl in Teilbereichen wie auch als Abschluss eines jeden Kapitels und schließlich des gesamten Bandes zu Synthesen zusammengeführt. Die informationsreichen Anmerkungen wie auch das Quellen- und Literaturverzeichnis belegen sowohl ein gründliches Quellenstudium wie auch eine systematische Auswertung der einschlägigen Literatur, auch außerhalb des Tschechischen.

 

Zahlreiche Abbildungen von Gebäuden, Personen und Siegeln, von Plänen und Modellen der Stadt Hradec Králové illustrieren die fundierten Ausführungen in willkommener Weise, nicht zu vergessen diverse Kopien von Auszügen aus Handschriften. Auf den Seiten 193-200 sind farbige Abbildungen als Block eingefügt.

 

Die gute typographische Gestaltung des Bandes mit Hervorhebungen in Fett-, Kursiv- und Fettkursivdruck unterstützt die Texterfassung.

 

Entstanden ist eine mustergültige Bearbeitung zu einem wesentlichen Schwerpunkt historischer Forschung: der Tätigkeit städtischer Kanzleien, hier am Beispiel von Hradec Králové/Königgrätz, und dies von den Anfängen bis zum Jahre 1620 (Schlacht am Weißen Berg). Dabei ist in der gesamten Bearbeitung nicht nur die engere Stadt im Blick, sondern gleichzeitig immer auch deren Umland einschließlich der vielfältigen Wechselbeziehungen zwischen beiden.

 

Leipzig                                                           Inge Bily