Viehweger, Lutz, Die Internationale Arbeitsorganisation und Deutschland 1919-1933. Diss. phil. Düsseldorf 2013. Online-Ress. (251 S.). Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Arbeit hatte der Mensch von seinen Anfängen an, wenn auch zunächst in erster Linie zwecks Erhaltung seines Lebens für sich selbst. Umfassend lässt sich moderne Arbeit als fremdbestimmte Tätigkeit freier Menschen für andere wohl umfassend erst mit der Industrialisierung der Welt verbinden. Erst seit dieser Zeit entstehen dementsprechend moderne Organisationen von Arbeit.

 

Die sich mit einem Teilaspekt dieser Erscheinungen befassende, eine Lücke schließende, als Online-Ressource vorliegende Arbeit des in Düsseldorf 1984 geborenen, in Geschichte, Germanistik und Philosophie an seinem Geburtsort ausgebildeten, Praktika und Aufenthalte bei dem Europäischen Parlament in Brüssel, der International Labour Organization in Genf und im Landtag Nordrhein-Westfalens ausübenden Verfassers ist seine von Christoph Nonn betreute, von der philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf angenommene Dissertation. Sie gliedert sich außer in eine Einleitung und eine Bewertung in fünf Abschnitte. Sie betreffen die Vorgeschichte der Internationalen Arbeitsorganisation, die Gründung der Internationalen Arbeitsorganisation einschließlich der Verankerung in dem Teil XIII des Vertrags von Versailles, das Verhältnis Deutschlands zur Internationalen Arbeitsorganisation, Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation und das Ziel der Umsetzung auf nationaler Ebene in dem Deutschen Reich während der Zeit der Weimarer Republik sowie den Rechtsruck in dem Deutschen Reich  mit anschließendem Austritt und einem nationalsozialistischen Gegenentwurf.

 

Nach den Erkenntnissen des Verfassers ist etwa „für die Übernahmebemühungen von IAO-Übereinkommen in der Zeit der Weimarer Republik die Literaturlage angespannt“, wobei „Betrachtungen einzelner Übereinkommen herausstechen und dort Stephan Grabherr“. Im Ergebnis kann der Verfasser feststellen, dass die Voraussetzungen für die Gründung der Internationalen Arbeitsorganisation  von verschiedensten Akteuren (emanzipierte und organisierte Arbeiterschaft, Vertreter der Industrie und der Politik) geschaffen wurden, wobei die politischen und industriellen Umwälzungen den Nährboden „schafften“, der es ermöglichte, dass sozialpolitische Bemühungen auf internationaler und nationaler Ebene fruchteten, und der erste Weltkrieg die Rolle des Katalysators spielte, so dass trotz des Fernbleibens der Vereinigten Staaten von Amerika und der Distanz der Sowjetunion die Internationale Arbeitsorganisation die lauteste Stimme der globalen Arbeiterschaft bildete. Obwohl die politischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Weimarer Republik Vorschläge der Internationalen Arbeitsorganisation (40 Übereinkommen und 43 Empfehlungen bis 1933, 189 Abkommen und 202 Empfehlungen bis 2012) teilweise zum Spielball verschiedener Parteien und „Interessensgruppen“ werden ließen, ließen sich die von ihr eingebrachten Forderungen nicht mehr gänzlich von der politischen Bühne wehen, was „mit der Wirkungskraft einer internationalen Behörde im Rücken den wohl größten Einfluss auf die Sozialpolitik der Weimarer Republik darstellte“.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler