Über 400 Semester. Wirtschaftswissenschaftliche Vorlesungen an der Eberhard Karls Universität Tübingen 1798-2013, bearb. v. Randecker, Günter, hg. v. Starbatty, Joachim/Strecker, Heinrich. Lucius & Lucius, Stuttgart 2014. XX, 578 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Mensch wirtschaftet von seinen Anfängen an insofern, als er sich selbst um seine Existenz kümmert. Hieraus hat sich mit der Vergesellschaftung des Menschen allmählich eine arbeitsteilige Wirtschaft vieler entwickelt, in der jeder seinen Möglichkeiten und Bedürfnissen entsprechend wirtschaftete. Später als in Bezug auf die bereits in dem Altertum anerkannten freien Künste, später aber auch als für Theologie, Jurisprudenz und Medizin seit dem Hochmittelalter hat sich dabei die Einsicht durchgesetzt, dass auch der tatsächliche Bereich der Wirtschaft einer wissenschaftlichen Betrachtung unterworfen werden kann, wobei als wichtige Geburtshelfer dieser Disziplin mit eigenständigen Theoriegebilden der Arzt François Quesnais (1758), der Moralphilosoph Adam Smith (1776) und David Ricardo (On the Principles of Political Economy and Taxation 1817) angesehen werden.
In Tübingen werden seit 1798 (abgesehen von dem Sommersemester 1945 und damit fast) ohne Unterbrechung Wirtschaftswissenschaften gelehrt. Allerdings wurde die besondere staatswirtschaftliche Fakultät erst 1817 begründet, 1923 als wirtschaftswissenschaftliche Abteilung der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät eingegliedert und 1967/1968 wieder verselbständigt. Dessenungeachtet verfügt die Universität damit über eine besonders lange und wichtige wirtschaftswissenschaftliche Tradition, die als solche auch der Öffentlichkeit dargestellt zu werden verdient.
Dafür hat sich Karl Erich Born bereits im Jubiläumsjahr 1967 mit einer grundlegenden Geschichte der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Tübingen 1817-1967 eingesetzt. Im Jahre 2004 haben Helmut Marcon und Herinrich Strecker unter Mitarbeit Günter Randeckers die wirtschaftswissenschaftlichen Professoren Tübingens gewürdigt (200 Jahre Wirtschafts- und Staatswissenschaften an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und 2009 ist ein zweiter Band der Promotionen veröffentlicht worden. Dem folgt nunmehr die Veröffentlichung der Vorlesungsangebote durch Herausgeber und Bearbeiter, die mit der Ankündigung „Carol. Frid. Fulda leget encyclopaediam scientiarum cameralium“ für das Sommersemester 1798 einsetzt und mit Kluike – Kolloquium Research Techniques and Scientific Writing im Wintersemester 2012/2013 endet und durch umfangreiche Register und Anhänge benutzerfreundlich erschlossen wird, so dass dem Interessierten künftig auch dieser Gegenstandsbereich leicht erreichbar vorzüglich dokumentiert zur selbständigen Verfügung steht.
Innsbruck Gerhard Köbler