Stolleis, Michael, Margarethe und der Mönch. Rechtsgeschichte in Geschichten. Beck, München 2015. 352 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wer in einem einzigen Menschenleben die gesamte Geschichte des öffentlichen Rechtes im deutschen Sprachraum souverän durcharbeitet, kann eigentlich weder Zeit noch Raum für die übrige Rechtsgeschichte haben. Michael Stolleis widerlegt dieses Vorurteil aber in vielfacher Weise. So hat er nicht nur seine in vier monumentalen Bänden vorgetragenen Einsichten zur Geschichte des öffentlichen Rechts in einem einzigen einführenden Band nochmals zusammengefasst, sondern der Sozialrechtsgeschichte, der Zeitrechtsgeschichte und manch Anderem ebenfalls besondere Werke gewidmet. Unterschiedliche Anlässe haben ihn im Laufe seines abwechslungsreichen Lebens zusätzlich zu darüber weit hinausreichenden Miniaturen der Rechtsgeschichte in Geschichten geführt, zu deren Lektüre eine Allegorie der Justitia aus einer französischen Handschrift verlockend einlädt.
Insgesamt hat sich daraus ein schmucker Sammelband mit 20 Geschichten binden lassen, von denen manche allein durch das pure Vergnügen am Stoff entstanden sind. Von ihnen sind Margarethe und der Mönch, Schneidermeister Goethe u. a. gegen Syndicus Dr. Textor sowie die Darlegung über Reinheit bisher unpubliziert. Andere Studien sind zuerst als Beiträge zu den Festschriften für Hans-Jürgen Schlochauer, Jan Schröder, Alexander Hollerbach, Martin Heckel, Inger Dübeck, Klaus Luig, Ditlev Tamm, Wilhelm Brauneder, Jürgen Weitzel oder Dieter Simon erschienen, wieder andere in der Zeitschrift für Ideengeschichte, in dem Aquädukten, in der Neuen Juristischen Wochenschrift, in brotloser Kunst oder in Recht und Literatur.
Die behandelten Gegenstände sind von beeindruckender Vielfalt. Sie betreffen Frauen und Männer, Löwen und Füchse, Verfassungen und Verfahren, Prinzessinnen und Schneider, Kaiser und Kinder, Helden und Advokaten, Ungewissheit und Streit, Mord und Tod, Wunder und Kunst, Testament und Ratschlag, Reinheit und Vergänglichkeit und vieles Andere mehr. Den Stoff liefern meist Akten und Archive, die der weltläufige, hochmeritierte, stets freundliche und hilfreiche Verfasser mit beeindruckender Akribie und Ausdauer, mit Geschick und Gespür, mit Liebe zum Detail und Lust an großen Linien durchsucht.
An vielen Stellen sind die eleganten Worte durch anschauliche Abbildungen bereichert. Umfangreiche Anmerkungen sichern die vor allem für den vielfältig möglichen Rechtsstreit von dem späten Mittelalter bis zur unmittelbaren Gegenwart gewonnenen gedankenreichen Einsichten umfassend ab. Ein Personenregister von Achenbach bis Zola schließt das bunte Mosaik der unendlich vielfältigen Rechtsgeschichte benutzerfreundlich für jeden interessierten Leser auf.
Innsbruck Gerhard Köbler