Steuern im historischen Kontext. Ein Ausschnitt der Steuergeschichte anhand ausgewählter Fragestellungen, hg. v. Seer, Roman. Lang, Frankfurt am Main 2014 (= Bochumer Schriften zum Steuerrecht 28). 354 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Steuer als die einmalige oder laufende Geldleistung, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellt und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einkünften allen auferlegt wird, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft, ist bereits dem römischen Altertum in der Form der Grundsteuer, personalen Vermögensteuer oder Gewerbesteuer bekannt. Als deutsche Bezeichnung begegnet sie erstmals um 765 n. Chr. als ahd. stiura mit den Bedeutungen Steuer (N.), Steuerruder, Stütze, Lenkung, Hilfe, Abgabe. Im Vordergrund steht dabei die Stütze, während die Abgabe im Gegensatz zur Gegenwart nur am Rande vorkommt.

 

In der Rechtsgeschichte führt nach dem zutreffenden kurzen Vorwort des Herausgebers die historische Aufarbeitung des Steuerrechts in ähnlicher Weise ein Schattendasein, zumal sich eine eigene Disziplin der Steuerrechtsgeschichte bisher nicht ausbilden konnte. Deswegen ist der vorliegende Sammelband mit Beiträgen über die Entwicklung der Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Erbschaftsteuer, Vermögensteuer, Grundsteuer, Umsatzsteuer und Verbrauchsteuer sehr zu begrüßen. Er ist aus einem im Rahmen des forschenden Lernens abgehaltenen Seminar im Sommersemester 2013 entstanden.

 

Insgesamt umfasst der Band neun interessante Studien. Sie betreffen die Entwicklung der Einkommensteuer im 19. Jahrhundert, die Weimarer Reichsverfassung und die erzbergersche Steuerreform, die erzbergersche Steuerreform in materieller Hinsicht,  die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs im Dritten Reich unter dem Gesichtspunkt der unbegrenzten Auslegung, die Reichsfluchtsteuer und das nationalsozialistische Steueranpassungsgesetz, den Kampf um die Bundesfinanzverwaltung bei der Entstehung des Grundgesetzes, die Geschichte der Umsatzsteuer von dem Warenstempelgesetz bis zur Netto-Allphasen-Umsatzsteuer, die Entwicklung der Ertragsbesteuerung der Kapitalgesellschaft und ihrer Gesellschafter und schließlich in einem weiten Ausgriff die Geschichte der Grundsteuer vom Altertum bis zur Gegenwart. Im Ergebnis bietet der eines Registers entbehrende Sammelband vielfältige Einblicke in die kaum aufzuhaltende Entwicklung der Beschränkung der Freiheit des Einzelnen durch einfallsreiche, umverteilungsbereite, machtnahe Mitmenschen, die vom Hund über den Sekt, den Tabak und die Versicherung bis zur Kapitalrnarkttransaktion wo auch  immer noch weitere greifbare Mittel (nicht zuletzt zu ihrem eigenen Unterhalt) wittern.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler