Schwintowski, Hans-Peter, … denn sie wissen nicht, was sie tun! Warum Politik und Gesetzgebung so oft irren – Ein Plädoyer für die Neue Analytische Regelungswissenschaft (NAWI). Nomos, Baden-Baden 2014. 286 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Wie der in Bad Harzburg 1947 geborene, seit 1993 für bürgerliches Recht, Handelsrecht, Wirtschaftsrecht und Europarecht an der Humboldt-Universität zu Berlin tätige Verfasser in seiner Einführung zutreffend hervorhebt, stellt das Recht eine sehr große Zahl von Regeln zur Verfügung, mit deren Hilfe das Leben der Menschen nach dem Willen der Erzeuger in irgendeiner Art und Weise besser ablaufen soll. Das zukünftige Ergebnis dieser Regeln lässt sich bisher aber nicht so zuverlässig vorhersehen, wie dies zum Wohle der Menschen wünschenswert wäre. Weil Politik und Gesetzgebung nach Ansicht des Verfassers öfter irren, als dies bei einer wissenschaftlichen Begleitung erforderlich wäre, plädiert er für eine neue analytische Regelungswissenschaft, die bei regelhafter Erfüllung der Erwartung eigentlich als NARW oder auch NARWi zu erwarten wäre.

 

Gegliedert sind seine verheißungsvollen, mit dem Erfahrungssatz „Vertrauen ist gut, Wirkungsforschung wäre besser“ einsetzenden Überlegungen zu einer „neuen funktionalen Regelungswirkungswissenschaft“ in insgesamt 31 Abschnitte. Sie betreffen Abgrenzungen, das Verhältnis von Wirkung, Kausalität und Ergodizität, Kosten, Analysemethoden, den gesamtwirtschaftlichen Nutzen von Normung, Grenzen regelwissenschaftlicher Wirtschaftsforschung, empirische Wirkungsforschung und vieles andere mehr. Als praktische Beispiele dienen etwa Dassonville, der Cecchini-Bericht, die Prognos-Studie, das Jahresgutachten des Sachverständigenrates, Obamacare, die Eurokrise, das EEG-Fördersystem, Alterssicherungssysteme oder der Klimawandel.

 

Einem besonderen Test werden die Fragen Geldanlage ja oder nein und Altersvorsorge ja oder nein unterworfen. Aus den dort gegebenen Antworten zieht der Verfasser den Schluss, dass der Gesetzgeber die nur öffentlichrechtlich angelegten Beratungsvorschriften des § 31 IV WpHG in das Privatrecht verlängern sollte, bzw. den Schluss, dass die Anforderungen des Gesetzgebers in der VVG-InfoV über die Kosteninformationen in der Lebensversicherung zu weitgehend sind, während die Mindestinformation über das Verlustrisiko bei vorzeitiger Stornierung verstärkt werden müsste. Dementsprechend empfiehlt er insgesamt Wirkungsstudien, weil sie überprüfen würden, ob die von Politik und Gesetzgebung erhofften Wirkungen eintreten, und bei Nachweis von fehlerhaften Erwartungen die Abschaffung von Regeln vorbereiten könnten, so dass er  insgesamt die von ihm befürwortete NAWI zutreffend als einen (möglicherweise) wichtigen Baustein zu Bürokratieabbau und Transaktionskostensenkung einstuft.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler