Mysterium „Gesetzesmaterialien“. Bedeutung und Gestaltung der Gesetzesbegründung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, hg. v. Fleischer, Holger. Mohr (Siebeck), Tübingen 2013. VII, 137 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der Mensch hat als rationales Wesen für viele Verhaltensweisen einen Grund, ohne dass ihm alle letzten Gründe an jeder Stelle immer bewusst sind. Diesen Grund kann er auch einem Mitmenschen mitteilen und ihn dadurch von der Sinnhaftigkeit seines Verhaltens zu überzeugen. In diesem Rahmen kann es ohne weiteres wirkliche Gründe und nur vorgeschobene, in der Wirklichkeit nicht tragende Gründe geben, die der bloßen Verschleierung der wahren Gründe und der Überredung oder Überzeugung von Mitmenschen dienen.

 

Nach dem kurzen Vorwort des Herausgebers geht der vorliegende schmale Sammelband auf ein Symposium an dem Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg im März 2012 zurück. Ziel der Veranstaltung war es, die Bedeutung und Gestaltung der Gesetzesmaterialien aus verschiedenen Blickwinkeln auszuleuchten und auf diese Weise zu einer schärferen Gesamtsicht zu gelangen. Die dortigen Referate stellt das eines Registers entbehrende Werk nunmehr der Allgemeinheit im Druck zur Verfügung.

 

Dabei betrachtet der Herausgeber Gesetzesmaterialien im Spiegel der Rechtsvergleichung, beschreibt Jan Thiessen die Wertlosigkeit der Gesetzesmaterialien für die Rechtsfindung aus methodengeschichtlicher Sicht, untersucht Christian Waldhoff Gesetzesmaterialien aus verfassungsrechtlicher Perspektive, behandelt Gerhard Hopf Theorie und Praxis der Gesetzesmaterialien in Österreich und geht Ulrich Seibert auf Gesetzesmaterialien in der Gesetzgebungspraxis ein. Am Ende formuliert Frauke Wedemann einen Wunschzettel für die Gestaltung der Gesetzesbegründung an den Gesetzgeber mit sechs Punkten, an deren Spitze die Sicherstellung einer hinreichenden Begründungstiefe steht. Insgesamt wird man eine der Wirklichkeit entsprechende, Mysterien meidende Begründung von Rechtsvorschriften stets als eine willkommene Verständnishilfe ansehen können, ohne dass dadurch die Anwendung der Vorschrift in jedem Falle an die tatsächliche Begründung bei ihrer Schaffung gebunden sein muss.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler