Miegel, Annekathrin, Kooperation, Vernetzung, Erneuerung. Das benediktinische Verbrüderungs- und Memorialwesen vom 12. bis 15. Jahrhundert (= Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde Band 74). Thorbecke, Ostfildern 2014. IX, 270 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Benediktiner sind die Angehörigen des von Benedikt von Nursia (um 480-547) zunächst in Subiaco und nach 529 in Montecassino (bei Neapel) geleiteten ältesten abendländischen Mönchsordens, der nach der von Benedikt verfassten, sich im fränkischen Reich durchsetzenden Klosterregel lebt. Bedeutende Klöster der Benediktiner sind neben Montecassino vor allem Luxeuil, Cluny, Corbie, Fontenelle, Stablo, Malmédy, Bobbio, Farfa, Echternach, Prüm, Hirsau, Reichenau, Sankt Gallen, Weißenburg im Elsass, Lorsch, Maria Laach, Fulda, Corvey, Benediktbeuern, Wessobrunn, Beuron, Ettal, Tegernsee, Mondsee, Gorze, Melk, Bursfeld, Sankt Blasien, Weingarten, Sankt Emmeram und Göttweig. Dass sie als Glieder eines umfassenden Verbandes sich einander zugehörig fühlten, versteht sich von selbst.

 

Mit einem Teilaspekt ihrer Geschichte beschäftigt sich die von Stefan Molitor angeregte, von Sönke Lorenz betreute, nach seinem Tode von Sigrid Hirbodian begutachtete und im Wintersemester 2013/2014 von der philosophischen Fakultät der Universität Tübingen angenommene Dissertation der in Leonberg 1984 geborenen, in Geschichte und Germanistik in Tübingen ausgebildeten und danach als Archivreferendarin in Marburg tätigen Verfasserin in eindringlicher Vertiefung. Sie gliedert sich nach einer Einführung in die Problemstellung und den Forschungsstand sowie Quellen und Methoden in sechs Sachkapitel. Sie betreffen Verbrüderung und Memoria im Kontext der hochmittelalterlichen Reformbewegungen (Cluny, Hirsau, Sankt Blasien), Zentralisierung und Institutionalisierung als neue Organisationsformen, Verbrüderung und Memoria im ausgehenden 13. und 14. Jahrhundert, Verbrüderung und Memoria im Zeichen der Erneuerung im 15. Jahrhundert sowie die Verbrüderung als vertrauensvolle Kooperation.

 

Die Verfasserin konzentriert sich in ihrer gelungenen, die Verbrüderungen der Auswahlklöster im Spätmittelalter im Anhang sorgfältig dokumentierenden und einer Abbildung veranschaulichenden Untersuchung insgesamt auf die umfangreichen Quellen Hirsaus und der verbrüderten Klöster Sankt Emmeram in Regensburg, Prüfening, Mönchsdeggingen, Sankt Ulrich und Afra in Augsburg, Heilig Kreuz in Donauwörth, Elchingen, Irsee und Wiblingen. Dabei ermittelt sie interessante  Zusammenhänge zwischen Verbandsbildung und Verbrüderungen. Im Ergebnis stuft sie die Klosterverbrüderung ansprechend als Ausprägung eines soziologischen Grundmodells ein, das sich auf ihren Untersuchungsgegenstand nachdrücklich ausgewirkt hat.

 

Innsbruck                                                                              Gerhard Köbler