Lilla, Joachim, Föderalismus in historisch-vergleichender Perspektive. Band 1 Der Bundesrat 1867-1919 – ein biographisches Nachschlagewerk (= Schriftenreihe des Instituts für europäische Regionalforschungen 20). Nomos, Baden-Baden 2014. 708 S. Besprochen von Werner Schubert.

 

Mit dem biographischen Nachschlagewerk zum Bundesrat von 1867 bis 1919 wird erstmals die Biografie der 725 Bevollmächtigten und stellvertretenden Bevollmächtigten zum Bundesrat vollständig erschlossen. Nach Hinweisen zum Aufbau des Handbuchs (S. 7f.) bringen Ambrosius/Henrich-Franke/Neutsch eine knappe Einführung über die Stellung, die Organisation, den Geschäftsgang, die Zuständigkeit und die Rechtsetzung des Bundesrats (S. 9-17). Die Bundesstaaten wurden im Bundesrat durch den Reichskanzler, die Ministerpräsidenten und Minister der Bundesstaaten, die Gesandten der Bundesstaaten am preußischen Hof in Berlin und vor allem durch die „stellvertretenden Bevollmächtigten“ zum Bundesrat (seit 1871, seit 1880 uneingeschränkt) vertreten. Die „eigentliche Arbeit des Bundesrates“ (S. 11) erledigten die zwölf Ausschüsse, von denen z. B. der Ausschuss für Justizwesen insbesondere für die Beratung der Reichsjustizgesetze von 1877/1878 und das Bürgerliche Gesetzbuch zuständig war. Über die geheimen Beratungen in Ausschüssen liegen als offizielle Materialien oft nur die Anträge der Ausschüsse und nur selten Beratungsprotokolle vor, so dass über die Details der Beratungen Aufschluss nur über die Berichte der Bundesratsbevollmächtigten erlangt werden können, die verstreut in den archivalischen Überlieferungen der Bundesstaaten zu finden sind (mit Ausnahme für Preußen, das durch seine Bevollmächtigten unmittelbar über die Beratungen unterrichtet war). Das Gleiche gilt für die geheimen Beratungen des Plenums des Bundesrates, über die meist nur knappe Ergebnisprotokolle vorliegen.

 

Nach der Einleitung folgt die Dokumentation der Bevollmächtigten der Bundesstaaten in zeitlicher Abfolge ihrer Zugehörigkeit (S. 25-118). Die Biografien der Bevollmächtigten und stellvertretenden Bevollmächtigten zum Bundesrat sind im zweiten Hauptteil des Nachschlagewerks enthalten (S. 119-653). Hier finden sich Kurzbiografien mit weiteren Hinweisen u.a. über Conrad Wilhelm Rüger (S. 517f., sächsisches Mitglied der 1. und 2. BGB-Kommission), über Gottfried von Schmidt (S. 542, Mitglied der ZPO-Kommission des Bundesrates und der 1. BGB-Kommission), über Julius v. Amsberg aus Mecklenburg-Schwerin (S. 121), der an den Reichsjustizgesetzen mitarbeitete, über den späteren Senatspräsidenten am Reichsgericht Adrian Bingner, der an der badischen und teilweise auch an der Reichsjustizgesetzgebung beteiligt war, über Robert Bosse, der als Staatssekretär des Reichsjustizamts von 1891 bis 1892 den Vorsitz in der 2. BGB-Kommission führte (S. 157f.) und über Gerhard von Buchka (S. 177), der als Mitglied des Reichstags für den Wahlkreis Mecklenburg-Schwerin der BGB-Kommission des Reichstags angehörte.

 

Im dritten Teil des Nachschlagewerks (S. 655-686) werden wiedergegeben die Geschäftsordnungen des Bundesrates von 1867, 1871 und 1880 (mit den späteren Änderungen in den Fußnoten). Hilfreich wären vielleicht noch Hinweise darauf gewesen, welche Bundesstaaten in den einzelnen Ausschüssen jeweils vertreten waren. Insgesamt ist das Werk für den Rechtshistoriker, der sich mit der Gesetzgebungsgeschichte des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reichs (bis 1919) befasst, von großem Interesse. Hier sind präzise Informationen über alle an der Reichsgesetzgebung beteiligten Vertreter der Bundesstaaten zu finden, die bisher nur mit Schwierigkeiten zu beschaffen waren.

 

Kiel

Werner Schubert