Krieg in den Alpen. Österreich-Ungarn und Italien im ersten Weltkrieg (1914-1918), hg. v. Labanca, Nicola/Überegger, Oswald. Böhlau, Wien 2015. 346 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Unter den Römern war Italien der Kern eines überragenden Großreichs um das Mittelmeer, das allerdings nach dem Ende Westroms für sehr lange Zeit in viele politisch weniger bedeutsame Teile zerfiel, bis es im 19. Jahrhundert unter der Führung Piemonts zu einem jungen Nationalstaat geeint wurde. Das den Römern entgegen der Fälschung des privilegium maius unter Rudolf IV. von Habsburg noch nicht einmal vorstellbare Österreich stieg demgegenüber durch geschickte Heiratspolitik seit seinen hochmittelalterlichen Anfängen bis in das 19. Jahrhundert zu einer europäischen Großmacht auf, die viele unterschiedliche Völker und Länder unter ihrer Herrschaft vereinte. Obgleich hierzu auch Gebiete in den Alpen und südlich davon zählten, an deren Gewinnung Italien großes politisches Interesse hatte, schlossen sich sowohl Österreich wie auch Italien mit Deutschland 1882 zu einem politischen Dreibund zwecks Verfolgung gemeinsamer Ziele zusammen.
Nach Beginn des ersten Weltkriegs zwischen Österreich und seinen Verbündeten einerseits und Serbien und den Alliierten andererseits sah Italien allerdings eine gute Gelegenheit, sich auf Kosten des Bündnispartners Österreich, dem man im 19. Jahrhundert bereits die Lombardei und Venetien abgewonnen hatte, weiter abzurunden, zumal Pläne Österreichs zu einem vorbeugenden Krieg gegen Italien aus dem Jahre 1908 längst bestens bekannt geworden waren. Deshalb erklärte das Königreich Italien nach Verhandlungen mit den Alliierten am 23. Mai 1915 Österreich-Ungarn unter Bruch den Bündnisvertrags den Krieg. Nach blutigen Auseinandersetzungen der beiden schlecht vorbereiteten Armeen auf einer etwa 750 Kilometer langen Front in den Alpen erhielt Italien am Ende des ersten Weltkriegs als Lohn für seinen Eintritt auf Seiten der Alliierten die Herrschaft über das weitgehend deutschsprachige Südtirol.
Der vorliegende, von Nicola Labanca in Siena und Oswald Überegger in Bozen herausgegebene Sammelband schildert in seinen vielfältigen Einzelbeiträgen unter einem etwas engen Titel zahlreiche Einzelheiten der gesamten, den Tod von etwa 650000 Soldaten Italiens verursachenden Kämpfe einschließlich von Voraussetzungen und Folgen. Dabei herrschen die einseitigen Betrachtungen über Politik, Kriegsführung, Gesellschaft, Propaganda und geschichtlicher Erinnerung aus jeweiliger Sicht gegenüber den vergleichenden Momenten vor. Dessenungeachtet schafft der bis in die Gegenwart führende interessante Band gute Voraussetzungen für eine vergleichende Fortführung der Thematik.
Innsbruck Gerhard Köbler