Kilian, Meike, Das Gesetz über die privaten Versicherungsunternehmen von 1901 – Eine traditionsbestimmte Synthese aus Versicherungsschutz und regulierter Wettbewerbsfreiheit als Ausdruck eines gewandelten staatlichen Aufgabenverständnisses? (= Rechtsordnung und Wirtschaftsgeschichte 13). Mohr (Siebeck), Tübingen 2015. XIII, 272 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die vielleicht bereits im Frühmittelalter, spätestens aber im Hochmittelalter entstandene, 1490 als Wort belegte Versicherung gewann vor allem in der frühen Neuzeit erhebliche wirtschaftliche Bedeutung. Neben die genossenschaftliche Gegenseitigkeit trat dabei rasch mehr und mehr die unternehmerische Versicherungsgesellschaft. Da bei ihr wenigen, meist fremden Versicherern zahlreiche unerfahrene Versicherte einander gegenübertraten, ist es leicht verständlich, dass während des 19. Jahrhunderts auch ein Bedürfnis nach staatlicher Überwachung deutlich wurde.

 

Mit einem Teilaspekt dieser Entwicklung befasst sich die von Mathias Schmoeckel betreute, von der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät Bonn im Sommersemester 2013 angenommene, der Oma gewidmete Dissertation der am 17. Juli 1984 geborenen, in Bonn ausgebildeten und am Lehrstuhl ihres Betreuers beschäftigten Verfasserin. Sie gliedert sich insgesamt sechs Sachkapitel. Sie betreffen nach einer Einleitung über Hinführung, Fragestellung, These, Erläuterung des Gegenstands der Arbeit, Forschungsstand und Gang der Untersuchung die Aufsicht in den Einzelstaaten (vor allem am Beispiel Preußen), die tatsächliche Situation auf dem Versicherungsmarkt im 19. Jahrhundert, die Verstaatlichungsdebatte seit Adolph Wagner (1881), die Motive des Versicherungsaufsichtsgesetzes von 1901 und das zusammenfassende Ergebnis.

 

Die bereits an den Anfang der Untersuchung gestellte These sieht als Ziel die Überwindung einer Vertrauenskrise auf dem Versicherungsmarkt zur Ermöglichung eines chancengleichen Wettbewerbs, wobei fünf Einzelaspekte die Krise, den Versichertenschutz, die Wettbewerbsförderung, das gewandelte staatliche Aufgabenverständnis und die aufsichtsrechtliche Tradition betreffen. Im Ergebnis kann die Verfasserin nach sorgfältiger Untersuchung feststellen, dass Regulierung immer dort notwendig wurde, wo sich „ein Marktversagen entwickelte oder der Wandel vom Verständnis der Staatsaufgeben staatliches Eingreifen bewirkte“. Abschließend bleibt somit nach ihrer Ansicht festzuhalten, dass sich die eingangs aufgestellte These als zutreffend erwiesen hat, weil das Versicherungsaufsichtsrecht ebenso wie das modernere Regulierungsrecht im Phänomen des Marktversagens wurzelt, wobei Regulierungsgeschichte nach den Worten der Autorin „nicht in starren Begrifflichkeiten verhaften darf, sondern das Augenmerk vielmehr auf die dahinter stehenden Motivationen legen sollte“.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler