Keazor, Henry, „Täuschend echt!“. Eine Geschichte der Kunstfälschung. Theiss, Darmstadt 2015. 256 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Fälschung ist die (trotz Anerkennung eines objektiven Urheberrechts in einer Gesellschaft) ohne Zustimmung des Berechtigten vorgenommene Veränderung oder Nachbildung eines von einem anderen hergestellten Gegenstands. Einzelne diesem weiten Bereich zuordenbare Handlungen erwähnt bereits das altrömische Zwölftafelgesetz der Jahre 451/450 v. Chr. Seitdem haben über die steigende Zahl der Menschen hinaus mit der allgemeinem Merkantilisierung des menschlichen Lebens auch die Möglichkeiten und die Zahl der Fälschungen erkennbar zugenommen, so dass es in der Gegenwart kaum mehr einen Gegenstand gibt, der nicht gefälscht oder verfälscht worden sein könnte.

 

Mit der besonderen Geschichte der Kunstfälschung beschäftigt sich das vorliegende Werk des in Heidelberg 1965 geborenen, nach dem Studium von Germanistik, Musikwissenschaft und Philosophie an seiner Heimatuniversität und an der Sorbonne in Paris 1996 mit einer Dissertation über das Werk des Malers Nicolas Poussin promovierten, nach Tätigkeiten als Assistent in Florenz und Frankfurt am Main 2005 mit einer Schrift über die Malerfamilie Carracci aus Bologna habilitierten und über die Universität Saarbrücken 2012 als Nachfolger Raphael Rosenbergs nach Heidelberg berufenen Verfassers. Bei seinem Erscheinen erweckte es unmittelbar das Interesse eines sachkundigen Rezensenten. Da der Verlag leider kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen konnte, muss der Herausgeber vorläufig mit einigen Worten auf die einnehmend ausgestaltete Veröffentlichung hinweisen.

 

Gegliedert ist die von dem 2014 filmisch interviewten Wolfgang Beltracchi ausgehende Untersuchung nach einer Einleitung über Fakes, Hoaxes und „Foaxes“ in sieben Abschnitte. Sie betreffen die falsche Antike mit der Frage nach Fälschungen in der weitgehend urheberrechtsindifferenten Antike, das falsche deutsche Mittelalter zwischen Albrecht Dürer und Lothar Malskat, die (gefälschte) Renaissance zwischen Michelangelo und Alceo Dossena, das Karussell von Fälschung und Original, das gefälschte 19. Jahrhundert am Beispiel Vincent van Goghs (Otto Wacker, Claude-Émile und Amélée Schuffenecker, Paul-Ferdinand Gachet), die Hall of Fake des 20. Jahrhunderts (Shaun Greenhalgh, Han van Meegeren, Elmyr de Hory) sowie Wolfgang Beltracchi und die rhetorische Frage nach dem Ende der Kunstfälschung. Jedenfalls so lange, wie durch Fälschung vorteilhaft Gewinne in Geld oder Ehre erzielt werden können, wird die etwa auch von Würtenberger bereits 1940 aufgegriffene, vom Verfasser gedankenreich geschilderte Geschichte der Kunstfälschung trotz verschiedener Sicherungsmaßnahmen noch lange weiterlaufen.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler