Isernhinke, Karina, Das Strafgefangenenlager Oberems. Das nationalsozialistische Lagersystem im Gebiet des heutigen Kreises Gütersloh (= Veröffentlichungen aus dem Kreisarchiv Gütersloh 13). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2015. 140 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
In der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft standen Ordnung und Recht wohl in dieser Reihenfolge in der politischen Zielsetzung an hoher Stelle. Aus diesem Grunde wurden die Strafen für viele Taten verschärft oder – nach den Erkenntnissen der Verfasserin im Kontext einer längeren Kontinuität - auch erstmals angedroht und verwirklicht. Dementsprechend hatte der Strafvollzug hohe Priorität.
Mit einem Teilaspekt dieser Problematik beschäftigt sich die 2010 im Rahmen einer Magisterarbeit an der Universität Bielefeld entstandene, für die Veröffentlichung überarbeitete Studie der Verfasserin. Die Autorin war im Jahre 2009 durch einen Zeitungsartikel auf die Ausstellung Deserteure an Front und Heimatfront aufmerksam geworden. Daraus entstand unter der Federführung Jörg van Nordens ein wissenschaftliches Projekt, das als Ergänzungsausstellung zu „Was damals Recht war“ das Schicksal von durch Gerichte der Wehrmacht zum Tode verurteilten Deserteuren beleuchtet.
Nach einer Einleitung über Forschungsstand, Zugang, Methodik, Quellenkorpus, Fragestellung und Aufbau der Arbeit behandelt die Verfasserin zunächst den Weg ins Strafgefangenlager etwa auf der Grundlage von „Meckern“ als Straftastbestand und Entgrenzung des Rechts. Danach schildert sie das in seinen Ursprüngen auf das wilhelminische Kaiserreich zurückgeführte, bisher unzureichend erforschte, mehr als 50 Gefangenenkommandos aufweisende Strafgefangenenlager Oberems unter besonderer Berücksichtigung des Alltags der Häftlinge, die vor Abmarsch und nach Einmarsch laufend genau durchsucht werden sollten. Insgesamt kann sie am Ende der sorgfältigen Betrachtung ihres besonderen Untersuchungsgegenstands feststellen, dass der Strafvollzug von einem in der Literatur bereits bekannten Geflecht von Recht und Rechtsbeseitigung oder Unrecht geprägt war, das durch weitere Untersuchungen anderer Strafgefangenenlager zusätzlich bestätigt werden könnte.
Innsbruck Gerhard Köbler