Humanismus und Antikerezeption im 18. Jahrhundert. Band 3 Humanism and Revolution. Eighteenth-Century Europe and its Transatlantic Legacy, hg. v. Steiner, Uwe/Emden, Christian J./Vöhler, Martin (= Bibliothek der klassischen Altertumswissenschaften Neue Folge 147). Winter, Heidelberg 2015. 275 S., 4 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der anscheinend im Jahre 1808 als Wort erstmals belegte Humanismus bezeichnet allgemein das Bemühen um eine dem wirklichen Wesen des Menschen und seiner vielleicht vorgegebenen Würde entsprechende Gestaltung der Gesellschaft. Als vorbildlich werden dabei die klassischen Schriften in Rom rund um die vom Christentum veranlasste Zeitenwende eingestuft. Sichtbar wird diese zur rückkehrenden Besinnung aufrufende Bewegung in Italien im 14. Jahrhundert (Dante, Petrarca), in Frankreich, Spanien, England und schließlich auch im Heiligen römischen Reich im 15. Jahrhundert (Erasmus von Rotterdam 1466?-1536).
Obwohl der Kern des deutschen Humanismus auf die Spanne zwischen 1480 und 1520 eingeschränkt wird, hat der demnach nicht nur ein älteres internationales Vorfeld, sondern auch eine lange, mit der Aufklärung verbundene weltweite Nachwirkung. Aus diesem Grunde verdienen Humanismus und Antikerezeption im 18., durch die Revolution in Frankreich 1789 eingrenzbaren Jahrhundert unbestreitbar eine vertiefte Betrachtung, zu der sich die Herausgeber bereits vor Jahren verbunden haben. Der in diesem Zusammenhang nunmehr in Erinnerung an Günther Lottes vorgelegte dritte Sammelband beruht auf einer im Dezember 2010 von dem Department of German Studies an der Rice University in Houston in Texas durchgeführten wissenschaftlichen Konferenz.
Er enthält nach einer sehr ausführlichen Einleitung der Herausgeber insgesamt 14 einzelne Studien mit zahlreichen neuen Erkenntnissen. Sie betreffen vor allem den Humanismus in Altertum und Christenheit, das Verhältnis zu Rechten und Politik, die Revolution, die Revolution des Wissens sowie die Nachwirkungen der Revolution und reichen etwa von Hubert Canciks Beschreibung der griechischen und römischen Wurzeln von Natur und Menschenrechten bis zu Barbara Hahns Stellungnahme zu Hanna Arendts Gedanken über Brüche und Kontinuitäten. Aufschließend abgerundet werden die vielfältigen Erkenntnisse über die Modernität des Humanismus und seine Verbindungen mit der Revolution in Frankreich und den Vereinigten Staaten von Amerika zu beiden Seiten des Atlantik im 18. Jahrhundert durch einen Index der Personen von Adam über Cicero, Goethe, Hegel, Kant, Robespierre, Rousseau, Schiller und Christian Wolff bis zu Žižek und einen Index der Gegenstände von absolution bis worship, die beide Patrick Saliger zu verdanken sind.
Innsbruck Gerhard Köbler