Herrschaft und Verwaltung in der frühen Neuzeit, hg. v. Brakensiek, Stefan/Bredow, Corinna von/Näther, Birgit (= Historische Forschungen 101). Duncker & Humblot, Berlin 2014. 199 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Die Verwaltung ist an sich die auf längere Dauer gerichtete Besorgung einer Angelegenheit, wie sie zumeist im eigenen Interesse seit Anbeginn der Menschheit durchgeführt werden musste und auch wurde. Neben dieser Selbstverständlichkeit steht aber im Vordergrund des Interesses meist die Verwaltung der Angelegenheiten anderer, wie sie im Laufe der Geschichte vor allem der Staat an sich gezogen hat. Da ihm dies nur durch übergeordnete Macht möglich war, stehen Verwaltung des Staates und Herrschaft von Anfang an in einem engen Zusammenhang.

 

Mit einem Teilaspekt dieser Thematik befasst sich der vorliegende schmale Sammelband, der auf einer Tagung beruht, die im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts Herrschaftsverwaltung in der frühen Neuzeit – Fallstudien zu Territorien des Alten Reiches und der Habsburgermonarchie im internationalen Vergleich (1650-1800) in dem Kulturwissenschaftlichen Institut Essen am 20./21. Oktober 2012 stattfand, um die Ergebnisse der empirischen Untersuchungen der Projektbearbeiterinnen zu Niederösterreich, Flandern, Bayern und Hessen-Kassel im Lichte der Ergebnisse anderer Forschungen vergleichend zu erörtern und das zugrundegelegte Konzept zu überdenken. Aufgenommen sind nach einer Einleitung Stefan Brakensieks über Herrschaft und Verwaltung in der frühen Neuzeit insgesamt zehn Studien. Sie betreffen etwa die niederösterreichischen Kreisämter, die Dreieckskommunikation in der polnisch-litauischen Adelsrepublik, die Konfessionspolitik Karls VI. in den südlichen Niederlanden, Supplikationen, Eingabepraktiken, Visitationen, Verwaltungssprache, Verwaltungskulturen und historische Implementationsforschung.

 

Am Ende des eines Registers entbehrenden Werkes bietet Barbara Stollberg-Rilinger einen Schlusskommentar, in dem sie zeigt, wie erkenntnisfördernd es ist, die Geschichte von Herrschaft und Verwaltung als wechselseitigen Kommunikationsprozess zu beschreiben. In Bezug auf die Kernfrage nach dem Verhältnis von Herrschaft, Verwaltung und Verwalteten setzt sie dabei besondere Akzente auf Triangulierung, Information, Kultur, Habitualisierung und Formalität. Zusammenfassend äußert sie schließlich die Vermutung, dass das selbstgesponnene Bedeutungsgewebe der Kultur und das stahlharte Gehäuse der Hörigkeit des Staates nur zwei unterschiedliche Aspekte desselben Sachverhalts sein könnten.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler