Graber, Renate/Schnauder, Andreas, Akte HYPO ALPE ADRIA – Von der Geldmaschine zum Milliardengrab – Verantwortliche, Profiteure, Hintergründe. Linde, Wien 2014. 224 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wohl seitdem es den Menschen gibt, hat er versucht auf Kosten seiner Mitmenschen sein Dasein günstiger zu gestalten. Mit der Erfindung des Geldes, des Kredits und der Banken haben sich im Grunde nur die dafür hilfreichen Mittel verfeinert. Dies hat im Falle der 1896 gegründeten Landeshypothekenanstalt Kärnten, aus welcher der in Kärnten ansässige Bankenkonzern hervorging, aus der die Bank im Jahre 2007 an die Landesbank Bayern verkauft wurde, über verschiedene schwer durchschaubare Weiterungen inzwischen dazu geführt, dass die 2009 in Österreich verstaatlichte Bank trotz Zerschlagung des zeitweise 384 Niederlassungen in 12 Ländern aufweisenden Konzerns im Herbst 2014 nach dem Vorwort der Autoren eine Kreditmülldeponie von 18 Milliarden Euro an Forderungen hinterließ, die kaum mehr einbringlich sein werden.
Die rechtswissenschaftlich ausgebildete, investigativ seit 2004 im Wirtschaftsressort des Standard tätige Wirtschaftsredakteurin Renate Graber (1960) und der als Leiter des Wirtschaftsressorts des Standards wirkende Andreas Schnauder (1967) zeichnen diese Entwicklung auf der Suche nach Licht im Dunkel mittels Sitzungsprotokollen, Notizen der Handelnden und Prüf- und Ermittlungsberichten nach. Sie gliedern ihre eindrucksvolle, zugreifend formulierte Darstellung in fünf Kapitel. Sie betreffen den Aufstieg und Fall einer Provinzbank unter besonderer Hervorhebung Wolfgang Kulterers, Jörg Haiders, Tilo Berlins und Dietrich Birnbachers, die Abgabe einer kaputten Bank nach einer rasanten Talfahrt von dreisten Kärntnern an arrogante Bayern, Schrecken ohne Ende, eine wegschauende Aufsicht mit vielen Kontrolleuren und wenig Durchblick, wobei in einem Versteckspiel über die Grenzen jeder jeden kennt, ohne ihm schaden zu wollen und am Ende aus dem Reich der Sumpfblüten rund 20 Einzelfälle von der Causa Klausner bis zur Sponsorentätigkeit detailliert beschrieben werden.
Jahrelang wehrten sich die in Österreich seit 2007 regierenden Parteien SPÖ und ÖVP gegen viele von der Opposition in dieser Angelegenheit beantragte Untersuchungsausschüsse, bis nach einer im Januar 2015 in Kraft getretenen Gesetzesänderung auf Verlangen der FPÖ, der Grünen und der NEOS am 25. Februar 2015 endlich ein Untersuchungsausschuss eingesetzt wurde. Nach Ansicht der Verfasser sind jedoch politische Konsequenzen kaum noch zu erwarten, obwohl strafrechtlich bisher elf Beteiligte zu insgesamt 41 Jahren und elf Monate Haft verurteilt wurden. Möge das eindringlich geschriebene Werk der Verfasser dazu beitragen, dass das aus allen Fugen geratene Expansionsmodell der Kärntner Bank samt seinen Folgen besser aufgeklärt wird als bisher, wenngleich die Schädiger in einer Zeit der Privatisierung der Profite und der Sozialisierung der Verluste die Geschädigten kaum entschädigen werden wollen oder können.
Innsbruck Gerhard Köbler