Glossner, Christian L., Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Die politische Vermittlung und gesellschaftliche Akzeptanz der sozialen Marktwirtschaft im Nachkriegsdeutschland. Nomos, Baden-Baden 2014. 303 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Wirtschaft ist der Ort, an dem Menschen mit Hilfe anderer Menschen Einkünfte aus dem Vermögen nochmals anderer Menschen erlangen können. Ihre Gestaltung entscheidet dementsprechend, wer sich wo, wann, wie und warum aus den Mitteln anderer bereichern kann. Hierfür haben sich im Laufe der letzten Jahrtausende oder vielleicht auch nur der letzten Jahrhunderte hauptsächlich zwei Modelle entwickelte, die entweder liberalistisch die Freiheit der Beteiligten in den Mittelpunkt gestellt haben oder sozialistisch den Plan, wobei sich die vollständige Ausschließlichkeit in beiden Fällen bisher als sehr problematisch erwiesen hat.
Der Verfasser der vorliegenden Studie, der sich mit einem einzelnen Aspekt dieser Problematik beschäftigt, ist nach einer unveröffentlichten Oxforder Masterarbeit des Jahres 2004 über The Formation of the German Economic Model of Governance between Liberal Socialism und Social Liberalism in the Economic Council 1947-1949 literarisch anscheinend erstmals hervorgetreten durch eine Untersuchung mit dem Titel The making of the German post-war economy – political communication and public reception of the social market economy after Word War II, die im Jahre 2010 bei Tauris Acad. Studies in London im Umfang von XXVI und 289 Seiten erschien. In seiner kurzen Danksagung stellt er fest, dass es überraschend ist, wie viele Menschen in vielfältiger Weise an der Fertigstellung dieser Monographie beteiligt waren, wobei er an erster Stelle Dieter Roth von der Forschungsgruppe Wahlen /Universität Heidelberg nennt. Gedruckt wurde das Werk mit Unterstützung der Konrad-Adenauer-Stiftung, die im Übrigen auch in Zusammenhang mit der vom Verfasser 2010 mitherausgegebenen Studie 60 years of social market economy – formation, development and perspectives of a peacemaking formula erscheint.
Nach inzwischen 65 Jahren gliedert der Verfasser sein mit 14 hilfreichen Anhängen versehenes Werk nach einer Einleitung in zwei Teile. Sie betreffen einerseits wissenschaftliche Konzepte zwischen Neoliberalismus und Neosozialismus (Freiburger Kreise, Freiburger Schule, Kölner Schule) sowie politische Überlegungen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und der Christlich Demokratischen Union/Christlich-Sozialen Union zum liberalen Sozialismus bzw. zum sozialen Liberalismus und andererseits die Politik zwischen 1949 und 1949 mit den Stadien Benommenheit, Ernüchterung, Hoffnung und Zufriedenheit. In diesem Rahmen hebt der Verfasser den Einsatz Konrad Adenauers, Ludwig Erhards und Alfred Müller-Armacks für die soziale Marktwirtschaft in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg besonders hervor und weist nachdrücklich darauf hin, dass die Entscheidung für die soziale Marktwirtschaft in Westdeutschland in der öffentlichen Auseinandersetzung erfolgte.
Innsbruck Gerhard Köbler