Gewalt und Widerstand in der politischen Kultur des späten Mittelalters, hg. v. Kintzinger, Martin/Rexroth, Frank/Rogge, Jörg (= Vorträge und Forschungen 80). Thorbecke, 2015. 372 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Die Gewalt zählt zu den von der Natur vorgegebenen Möglichkeiten der Welt wie auch der gegen sie gerichtete Widerstand des Betroffenen. Von daher kann es kaum überraschen, dass sie in der politischen Kultur der Menschen an wohl allen Orten und zu den unterschiedlichsten Zeiten ebenfalls begegnen. Mit den möglichen Gegebenheiten und Besonderheiten in dem späten Mittelalter befasst sich der vorliegende Band.

 

Er geht auf die am üblichen Ort auf der Insel Reichenau vom 29. September bis 2. Oktober 2009 abgehaltene Tagung des Konstanzer Arbeitskreises für mittelalterliche Geschichte zurück. Weil die zwischen 1959 und 1962 geborenen, in Münster, Göttingen und Mainz wirkenden Organisatoren das Programm nach den besonderen Erfordernissen des Themas zusammenstellen und dabei auch internationale Themen und auswärtige Vortragende zur Einladung vorschlagen konnten, war wegen der Übersetzung einiger fremdsprachiger Beiträge ein längerer Weg zur Drucklegung erforderlich. Er ist aber inzwischen erfolgreich zurückgelegt, so dass die Herausgeber im vorliegenden Werk nach einer Einleitung Jörg Rogges und Marin Kintzingers insgesamt 13 Referate der Allgemeinheit zur Verfügung stellen können. Sie beginnen mit der Natur und den Formen der Gewalt der Könige als reges crudeles in Frankreich, dem Heiligen römischen Reich und England und enden mit einer Zusammenfassung über Gewalt in der Kultur  insgesamt durch Hermann Kamp.

 

Betrachtet werden dabei etwa die Gewalt des Königs in alternativen sozialen Ordnungen, die Gewalt der Ordnungen oder die Gewalt bei böhmischen Königswahlen. Weitere interessante Gegenstände sind öffentliche Bekanntmachungen als Prüfsteine der Realität, Rebellion, Herrscherkritik, Entscheidungslosigkeit, ritueller Dialog der Ehre und Ehrkränkung, Mord als Argument am Beispiel Abrechts I.,  oder die Gewalt mit Gift. Die dabei an Hand aussagekräftiger Einzelfälle im internationalen und interkulturellen Vergleich erzielten vielfältigen neuen Einsichten werden durch ein Personenregister und ein Ortsregister von Abbasiden bis Zwentibold und von Aachen bis Zürich für die Leser hilfreich aufgeschlossen.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler