Eichler, Frank, Das Esslinger Statutenbuch oder vom Landrecht zum Stadtrecht – ein Versuch. Boysen + Mauke, Hamburg 2014. 123 S. Besprochen von Ulrich-Dieter Oppitz.

 

Frank Eichler, der in den letzten Jahren verschiedene Veröffentlichungen zum Hamburger Ordeelbook vorgelegt hat, nahm einen Besuch in Esslingen/Neckar zum Anlass, sich dem dortigen Stadtrecht zu nähern. Nach Ausführungen zum Landrecht und Stadtrecht, die für eine populärwissenschaftliche Veröffentlichung gerade noch hinzunehmen sind, geht er auf das Statutenbuch der Stadt Esslingen ein, dessen Anlage 1491 begonnen wurde. Bei seiner Erwähnung wären Angaben zur äußeren Beschreibung einschließlich der Archivsignatur, wie sie seit langer Zeit bei Editionen Standard sind, zu erwarten gewesen. Hier wäre dann auch eine Angabe des Inhalts mit den entsprechenden Angaben zum Umfang der Gegenstände im Einzelnen am Platze gewesen und nicht nur ein Verweis auf eine Arbeit Otto Borsts. Den Hauptteil der Arbeit (S. 38-74) füllt eine Transkription der Blätter 1-13 des Statutenbuches. Leider ist nicht erkennbar, aus welchen Überlegungen heraus diese Seiten ausgewählt sind. Zwar hat sich der Verfasser entschieden, die Editionsgrundsätze der ‚Deutschen Texte des Mittelalters‘ in der Fassung von 1934 nicht anzuwenden, sondern hat eine eigene Textgestaltung (S. 37) gewählt. Für derartige Texte ist es indes seit Jahrzehnten üblich, sich an den ‚Richtlinien für die Edition landesgeschichtlicher Quellen‘ des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine zu orientieren. Dem Text des Statutenbuches gibt der Autor eine Übertragung ins Neuhochdeutsche bei. Der Abdruck des Autors erlaubt es leider nicht, die Korrektheit des Abdruckes zu überprüfen, da keine Seite des Statutenbuches abgebildet ist. Gerade zu Stellen, die der Autor nicht klären konnte, und daher in eckige Klammern mit Fragezeichen einschließt, wäre eine Abbildung dem interessierten Leser hilfreich gewesen. Bei den Erläuterungen zum Text ist der Autor recht sparsam. Zur Münze Weißhandschuh (S. 47 Anm. 42) muss der Leser in den Anhang folgen (S. 107), um dann dort eine Vermutung zu lesen. Münzen, die mit kaiserlicher bzw. königlicher Erlaubnis geprägt wurden, trugen auf einer Seite den Handschuh. In dem von K. A. Eckhardt betreuten Nachdruck des Schwäbischen Landrechts und Lehenrechts von H. von der Lahr (1974) heißt es in Art. 390 Nr. 16 ‚…sende dann der künig sein hendschuch darzu. das ist darumb geseczt das die landleüt innen werden das es sein will sey.‘ In Anm. 20 heißt es ‚Alle pfenning die man in teütschen landen schlecht die söllent mit recht pfündig und weiß sein.‘ Wenn der Autor den Leser mit einem Hinweis zum Datum St. Jacobi überrascht (S. 66 Anm. 47), so fragt es sich, ob nicht dieser Hinweis bereits früher (S. 39 und 40) angebracht gewesen wäre. Nachdem dieses Datum auch noch später (S. 69, 70 und 72) auftaucht, wäre zu prüfen gewesen, ob nicht das Datum St. Jacobi für Esslingen eine besondere Bedeutung hatte. Dem Abdruck aus dem Statutenbuch schließt der Verfasser Abdrucke der Rechtsmitteilung der Stadt Esslingen an die Stadt Brackenheim (S. 75-84), der Beleihung Ulms durch König Rudolf mit Esslinger Recht (S. 75f.) und der Ulmer Rechtsmitteilung an Ravensburg (S. 87–93) an. Obwohl alle drei Urkunden im Württembergischen Urkundenbuch (Bd. XI 1913, Nr. N5688; VII 1900 Nr. 2414 und 2415) enthalten und seit 2008 in einer guten Bearbeitung online gestellt sind, entschloss sich der Autor teilweise Abdrucke von der veralteten Ausgabe Friedrich Pressels zu geben. Stichproben zeigen, dass alle Abdrucke nicht fehlerfrei übernommen sind. Nutzern ist zu raten, das Württembergische Urkundenbuch heranzuziehen. Ein Inhaltsverzeichnis des Schwabenspiegel-Landrechts mit den Überschriften der 377 Artikel (S. 94-106) schließt sich an. Soweit ersichtlich sind die Überschriften unverändert aus der zitierten Arbeit Derschkas übernommen, jedoch bei den Art. 26 und 29 mit Korrektur des genus und abweichender Schreibweise. Eine sinnvolle Verbindung zum Statutenbuch wäre zu ziehen gewesen, wenn zu  Regelungen des Statutenbuches Ähnlichkeiten im Landrecht des Schwabenspiegels aufgezeigt worden wären. Die Angaben des Anhangs (S. 107-113) gleichen im Informationswert der Einführung. Das mittelhochdeutsche Glossar (S.114) enthält ersichtlich zufällig ausgewählte Begriffe. Das Verzeichnis der Quellen und Literatur umfasst zahlreiche Titel, die nicht in der Arbeit zitiert sind, während viele Titel in Zitaten (Anm. 28, 32, 39, 62, 64 und 66) nicht aufgenommen sind. An sich ist jeder Autor frei in der Heranziehung seiner Literatur, ob aber zum Münzwesen F. von Schrötter (1930) noch den aktuellen Forschungsstand wiedergibt, mag zu bezweifeln sein. Der Verfasser sieht seine Arbeit als ‚Versuch‘ an; zu hoffen ist, dass andere Versuche besser gelingen.

 

Neu-Ulm                                                                                                       Ulrich-Dieter Oppitz