Die Protokolle der Regierung von Baden. Band 3 Das dritte Kabinett Wohleb 1949-1952, Teilband 1, 2, bearb. v. Hochstuhl, Kurt/Strauß, Christof (= Kabinettsprotokolle von Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern 1945-1952. Teil 1 Die Protokolle der Regierung von Baden). Kohlhammer, Stuttgart 2014. LXXX, 410 S., Teil 2 411-931 S.

 

Mit dem Band 3 der Protokolle der Regierung von Baden für die Zeit des 3. Kabinetts Wohlebs (1949-1952) ist die Edition „Kabinettsprotokolle von Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern 1945-1952“ für Baden abgeschlossen. Das Land Baden umfasste den südlich der Autobahn Karlsruhe-Stuttgart gelegenen Teil von Vorkriegsbaden mit der Hauptstadt Freiburg im Breisgau, während die nördlichen Gebiete Badens zu dem von den Vereinigten Staaten von Amerika gegründeten Land Württemberg-Baden gehörten. Im badischen Landtag vom 18. 5. 1947 verfügte die CDU über die absolute Mehrheit. Während dem zweiten Kabinett Wohleb noch zwei Sozialdemokraten bis Anfang 1948 angehörten, regierte seit dieser Zeit die CDU (bis November 1947 Christlich-Soziale Volkspartei) allein. Eine Neuwahl Wohlebs zum Staatspräsidenten am 22. 2. 1949, die mit der absoluten Mehrheit der anwesenden CDU-Abgeordneten erfolgte, war notwendig geworden, nachdem die Regierung im August 1948 zurückgetreten war. Die badische Verfassung von 1947 war von Wohleb beeinflusst worden, der für ein christliches Staatsbild eintrat und sich als Sachwalter badischer Interessen verstand (vgl. Verf. in der Rez. des Bandes 2 der Protokolle der Regierung von Baden in ZRG Germ. Abt., Bd. 127 (2010), S. 980). Die Einleitung der Herausgeber befasst sich zunächst mit der „Regierung und Politik in der Endphase des Landes Baden“ (S. VII), die im Ganzen etwas ausführlicher hätte sein können. Der nächste Abschnitt der Einleitung geht ein auf die Kriegszerstörungen, die Wohnungsnot und den Wiederaufbau in Südbaden mit besonderen Abschnitten für Gaggenau, Achern, Neuenburg am Rhein, Freiburg im Breisgau, Breisach am Rhein und Kehl (S. XIff.). Aus dem Abschnitt über „Flüchtlinge“ (S. XXXI-XXXVII) ergibt sich, dass der Anteil von Flüchtlingen in der französischen Besatzungszone zunächst gering war; erst aufgrund der Umsiedlungsprogramme des Bundes kamen ab Ende 1949 zahlreiche Flüchtlinge aus Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein auch in das Land Baden (vgl. hierzu auch die Niederschrift über eine Besprechung der Verwalter der Kreis- und Landesdurchgangslager für Flüchtlinge am 26. 11. 1951 im Landesdurchgangslager Freiburg-Betzenhausen, S. LIXff.). Nachdem eine Einigung der drei Südwestländer über eine Neugliederung gescheitert war, entschied der Bundestag entsprechend Art. 118 GG mit dem Zweiten Neugliederungsgesetz vom 26. 4. 1951 über die Modalitäten der Volksabstimmung, die am 9. 12. 1951 zugunsten eines Südweststaats ausfiel, der im April 1952 begründet wurde. Damit waren die Versuche Wohlebs, das alte Land Baden wiederherzustellen, gescheitert. Im Einleitungsteil sind noch sieben Dokumente wiedergegeben (S. XLVI-LXV), u. a. Schreiben Gebhard Müllers (Staatspräsident Württemberg-Hohenzollerns an Wohleb und von Wohleb an Gebhard Müller zur territorialen Neugliederung Südwestdeutschlands sowie ein Bericht vom Dezember 1945 über die Notlage Breisach). In dem Abschnitt über die Editionsgrundsätze wird darauf hingewiesen, dass die Kabinettsprotokolle vollständig wiedergegeben werden, und zwar auch soweit die Protokolle ab der 92. Sitzung der Landesregierung (3. 1. 1951) die Bezeichnung „Auszug“ der jeweiligen Sitzungen der Landesregierung aufweisen.

 

Die Protokolle sind im Regelfall reine Ergebnisprotokolle, zu deren Verständnis die Landtagsverhandlungen und die in den Fußnoten nachgewiesenen Sachakten im Staatsarchiv Freiburg heranzuziehen sind. Von rechtshistorischem Interesse ist die Behandlung (außerhalb der Tagesordnung) des Grundgesetzes in der Kabinettssitzung vom 16. 5. 1949, an der auch Theodor Maunz (als Teilnehmer für Baden am Verfassungskonvent Herrenchiemsee) teilnahm (S. 61ff.; zur Biografie Theodor Maunzs S. 52, Fn. 211). Nach Wohleb gab es „schwerwiegende Bedenken vom föderalistischen und christlichen Standpunkt gegenüber dem Grundgesetz“, die der Landesregierung „auch unter diesem Gesichtspunkt eine einfache Weiterleitung des Grundgesetzes ohne vorherige Beschlussfassung bzw. Stellungnahme der Landesregierung“ nahelegten (S. 62). Das Grundgesetz wurde vom Landtag am 18. 5. 1948 mit 49 gegen 2 Stimmen angenommen. Hingewiesen sei noch auf folgende Beratungsgegenstände: Das Jagdgesetz (S. 66), das Landesgesetz über die Entschädigung der Opfer des Nationalsozialismus (Wiedergutmachungsgesetz, S. 96), das Aufbaugesetz von 1949 (S. 232), das badische Beamtengesetz (u. a. S. 146, 156, 352, 458), die Wiedererrichtung der unter dem Nationalsozialismus beseitigten Verbraucher-(Konsum-)Genossenschaften (S. 192), das Landabgabegesetz (Gesetz zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Bodenordnung, S. 196f., 223, 227f.), die Verwaltungsakademie in Speyer (S. 258, 285), das Gesetz über die Schulpflicht (S. 267), das Gesetz über den Abschluss der politischen Säuberung (S. 278, 297, 304, 535), über die Handwerksordnung (S. 284), über das Naturschutzgesetz (S. 394f., 350, 697), über das wegweisende Denkmalschutzgesetz (S. 31), über den Finanzausgleich der Länder (S. 421f., 479), über den Bonner Entwurf zu einem Lastenausgleichsgesetz (S. 498), über Flüchtlingsfragen (S. 734ff.) sowie über die Neugliederung des südwestdeutschen Raumes (Südweststaatsfrage). Seit der 29. Sitzung vom 4. 10. 1949 enthalten die Protokolle auch die Instruktionen für die Abstimmung des Landes Baden im Bundesrat. Hierzu wären die Sachakten und die Berichte über die Verhandlungen im Bundesrat und dessen Ausschüssen von Interesse. Ferner enthalten die Protokolle unter „Personalien“ zahlreiche Beamtenernennungen, Pensionierungen usw. unter Hinweis auf die einschlägigen Personalakten im Staatsarchiv Freiburg. Der Band wird abgeschlossen mit umfangreichen Personen-, Orts- und Sachregistern (S. 861-931). Auch Bd. 3 der Badischen Regierungsprotokolle ist, wie bereits die Bände 1 und 2, nicht nur von landesgeschichtlichem Interesse, sondern auch für die Rechts- und Verfassungsgeschichte der Nachkriegszeit Deutschlands und der frühen Bundesrepublik von Wichtigkeit.

 

Kiel

Werner Schubert