Das Reichsjustizministerium und die höheren Justizbehörden in der NS-Zeit (1935-1944) – Protokolle und Mitschriften der Arbeitstagungen der Reichsjustizminister mit den Präsidenten der Oberlandesgerichte, des Volksgerichtshofs, des Reichsgerichts sowie mit den Generalstaatsanwälten, eingeleitet und hg. v. Schubert, Werner (= Rechtshistorische Reihe 455). Lang, Frankfurt am Main. 2015. L, 462 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nach der ausführlichen Einleitung des verdienstvollen Herausgebers waren mit der Verreichlichung der Justiz ab dem Jahre 1935 auch die Lenkung der Rechtsprechung, die Kontrolle und Überwachung der Justiz und die einheitliche Ausrichtung der Justizverwaltung verbunden. Zu diesem Zwecke wurden Arbeitstagungen des Reichsjustizministers bzw. in Ausnahmefällen Roland Freislers mit den Präsidenten der Oberlandesgerichte und den Generalstaatsanwälten im Reichsjustizministerium in Berlin durchgeführt. Sie fanden unter dem Reichsjustizminister Franz Gürtner ein bis zwei Mal jährlich statt, unter Franz Schlegelberger und unter Otto Georg Thierack halbjährlich bis 1944.
Da Protokolle und Aufzeichnungen der Arbeitstagungen in der Literat schon wiederholt herangezogen wurden, ist eine weitgehend ungekürzte Veröffentlichung der von Arthur von Gruenewaldt aus Frankfurt beschafften Mateialien sehr zu begrüßen. Mit ihr setzt Werner Schubert seine herausragende Editionstätigkeit in beeindruckender Weise fort. Gegliedert ist sein neues Werk nach den drei Reichsjustizministern.
Der seiner Einleitung über die Quellen und den Umfang der Edition, die Reichsjustizminister, den Abbau der Rechtsstaatlichkeit, die Chefpräsidenten, Generalstaatsanwälte und Oberstaatsanwälte sowie dem Quellennachweis folgende Teil A erfasst acht Arbeitstagungen zwischen dem 3. April 1935 und dem 27. Februar 1939 sowie einen Anhang über Arbeitstreffen des Reichsjustizministers mit den Vorsitzenden der Sondergerichte, Teil B sieben (teilweise nur geplante) Arbeitstagungen zwischen dem 20. 3. 1941 und dem 1. Juli 1942 und Teil C sechs Arbeitstagungen zwischen dem 29. September 1942 und dem 24. August 1944. In vier Anhängen werden weitere Teilberichte, Besprechungsberichte, Reden und Referate angefügt. Beschlossen wird die gewichtige Veröffentlichung mit biographischen Daten der Referenten, einem Register der Redner und Referenten (Freisler, Gürtner, Rothenberger, Thierack – nicht Adolf Hitler selbst) und einem Sachregister von Abhören ausländischer Sender bis Zurechnungsfähigkeit sowie einem Hinweis auf die beabsichtigte Edition der aufschlussreichen Reiseberichte der Ämter für die Neuordnung der deutschen Gerichtsverfassung und die Niederschriften über die Arbeitsfortbildungstagungen von 1944 auf der Reichsburg Kochem, so dass insgesamt die Quellenlage im Bereich der nationalsozialistischen Justizpolitik und Gesetzgebungstätigkeit demnächst in bestmöglicher Weise erweitert sein wird.
Innsbruck Gerhard Köbler