Das Bebenhäuser Urbar von 1356, bearb. v. Wille, Wolfgang, mit Beiträgen von Brinkhus, Gerd, Kretzschmar, Robert, Lorenz, Sönke und Rückert, Peter (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe A Quellen, Band 47). Kohlhammer, Stuttgart 2015. LXXX, 626 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Auch wenn die wirklichen Wurzeln der Grundherrschaft ungewiss sind, steht jedenfalls fest, dass die Grundherrschaft seit dem Frühmittelalter eine wesentliche Form der Güterbewirtschaftung ist und dass viele einzelne Grundherrschaften gewichtige wirtschaftliche Gebilde waren. Wegen ihrer Komplexität stellten sie bereits an die frühen Berechtigten hohe logistische Herausforderungen. Schon in karolingischer Zeit wurden deshalb Güterverzeichnisse erstellt und allein aus dem Gebiet des Herzogtums Württemberg sind mehr als 2000 solche Urbare bekannt.

 

Nach dem Geleitwort des Vorsitzenden der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg wurde das Bebenhäuser Urbar von 1356 bereits 1928 von Eugen Neuscheler für die Forschung ausgewertet (Dissertation über die Klostergrundherrschaft Bebenhausen 1926 fertiggestellt und 1929 gedruckt) und als wichtige Quelle für die spätmittelalterliche Klostergrundherrschaft erwiesen. Weil es zu den häufig genutzten, in dem Landesarchiv Baden-Württemberg, Abteilung Hauptstaatsarchiv aufbewahrten Quellen gehört (HStAS H 102/8 Bd. 3), wurde es mit der allgemeinen Durchsetzung der Digitalisierung auch online gestellt. Die vorliegende Ausgabe macht die bedeutende geschichtliche Quelle nunmehr im Druck jedermann leicht zugänglich verfügbar.

 

In dem stattlichen Werk bietet Sönke Lorenz zunächst einen Überblick zur Geschichte des um 1183 von Pfalzgraf Rudolf von Tübingen vielleicht an der Stelle einer älteren Burg gegründeten, bald an die Zisterzienser gelangten Klosters, dessen Schirmvögte 1343 die Herzöge von Württemberg wurden. Danach schildert Robert Kretzschmar den Weg der 243 Pergamentblätter in 31 Lagen bzw. 240 benutzte Blätter umfassenden Handschrift von Bebenhausen über Salem nach Stuttgart (1889). Peter Rückert bettet das Urbar in die zeitgenössische Überlieferung ein, Gerd Brinkhus beschreibt den ursprünglichen Einband und der Bearbeiter vermittelt dem Leser vor allem seine Erkenntnisse über die Handschrift, die beiden unbekannten Schreiber, den Inhalt (Verzeichnis der jährlich wiederkehrenden Einnahmen mit einigen fehlenden Orten), die Entstehung (vielleicht nach dem Vorbild des Urbars der Grafen von Württemberg) und Datierung des nur in einer Abschrift vielleicht vor 1390 erhaltenen, 1356 oder 1357 verfassten Textes, die mittellateinische Sprache und die bisherige Auswertung.

 

Die vom Ziel her Vollständigkeit und wörtliche Wiedergabe anstrebende, der Handschrift im Wesentlichen möglichst buchstabengetreu folgende Edition setzt mit Tübingen ein und endet mit der Notiz Item nota in Phlugvelt, quod sexta pars maioris decime spectat ad monasterium nostrum; et de tribus agris sitis by dem Markstain, stosset an Gisnanger velt, recipimus totam decimam (Explicit pronunc). Das anschließende Ortsregister verzeichnet alle (schätzungsweise 300) Siedlungsnamen des Lagerbuchs in heutiger Schreibweise in alphabetischer Reihenfolge von Aglishardt bis Zuffenhausen mit Flurnamen, Grenzmarken und Personennamen, das Personenregister die in der Handschrift vorkommenden, in die Tausende gehenden Menschen. Ein Sachregister und Glossar schließt die wertvolle Edition von abbas bis zug inhaltlich auf, während eine eingelegte Karte einen anschaulichen Eindruck von den vielen etwa zwischen Heilbronn, Pforzheim, Nagold, Horb, Hechingen, Münsingen (Ulm) und Esslingen (bzw. vom Tübinger Raum über die Filder und Stuttgart bis Brackenheim) gelegenen Gütern vermittelt.

 

Innsbruck                                                                  Gerhard Köbler