Cüppers, Martin, Walther Rauff – in deutschen Diensten. Vom Naziverbrecher zum BND-Spion. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013. 464 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Die Geschichte der Menschheit zeigt, dass Übung den Meister macht und dass es zugleich schwierig ist, Meister auf vielen Bereichen zu sein, weil die Meisterschaft langjährige Wiederholungen von Handlungen zum Erwerb umfangreichen Wissens voraussetzt. Deswegen muss der Erwerb von Fertigkeiten notfalls auf vielfältig verwendbaren Tätigkeitsfeldern erfolgen, in denen für die eigenen Fähigkeiten ausreichender Raum vorhanden ist. Sollten sich während dieser Spezialisierung die äußeren Umstände ändern, empfiehlt sich die möglichst geschickte Anpassung unter Aufrechterhaltung des unschädlichen oder weniger schädlichen Bestands.

 

Der sich mit einem Einzelfall dieser allgemeinen Erscheinung befassende, 1966 geborene Autor ist literarisch anscheinend erstmals mit seiner Stuttgarter Dissertation des Jahres 2003 über die Waffen-SS, den Kommandostab Reichsführer-SS und die Judenvernichtung 1939-1945 hervorgetreten. Seine Tätigkeit in der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart in der Abteilung neuere Geschichte des historischen Instituts hat ihn danach auf die Spur Walther Rauffs gebracht. Ihr folgt er an Hand von erst seit kurzer Zeit zugänglichen Akten, Aufzeichnungen und persönlichen Briefen in größtmöglicher, anschaulich beschriebener Nähe.

 

Hermann Julius Walther Rauff wurde in Köthen in Anhalt am 19. Juni1906 als Sohn eines Bankprokuristen geboren und trat nach nationaler Erziehung 1924 in die Reichsmarine ein, wechselte aber als Kapitänleutnant vor einer drohenden unehrenhaften Entlassung wegen Ehebruchs 1938 in die SS, in der er ab 20. April 1938 Hauptsturmführer und ab 9. November 1940 Sturmbannführer war. Für den mit ihm befreundeten Reinhard Heydrich ließ er zur schnelleren Vernichtung von Menschen Gaswagen entwickeln, in denen insgesamt 500000 Menschen vergast wurden. Nachdem ihm nach seiner Internierung in Rimini am Ende des zweiten Weltkriegs mit Hilfe katholischer Geistlicher die Flucht gelungen  war, wirkte er deutlich weniger schädlich zunächst in Syrien und angeblich auch in Israel sowie seit 1949 in Südamerika, wo die ihm persönlich bekannten Politiker Allende und Pinochet seine Auslieferung vermieden und der Bundesnachrichtendienst ihn (als Enrico Gomez) zwecks Schaffung eines nachrichtendienstlichen Netzes in seine Dienste nahm und er schließlich als erfolgreicher Fischfabrikant am 14. Mai 1984 an einem Herzinfarkt starb.

 

Innsbruck                                                                              Gerhard Köbler