Buc, Philippe, Heiliger Krieg – Gewalt im Namen des Christentums, aus dem Amerikanischen von Haupt, Michael. Wissenschaftliche Buchgesellschaft/Zabern, Darmstadt 2015. 432 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Der Mensch liebt Ruhe und Frieden und neigt doch zu Gewalt und Verletzung. Dementsprechend kann es kaum verwundern, dass bereits das christliche Buch der Bücher unterschiedliche Prinzipien aufweisen kann. Auge um Auge rechtfertigt die Gewalt nach vorangegangener Gewalt, das Neue Testament fordert demgegenüber nach Schlägen auf die eine Wange die Entgegennahme von Schlägen auch auf der anderen Wange.

 

Mit der deswegen möglichen Gewalt im Namen des Christentums beschäftigt sich das vorliegende Werk des in Paris 1961 geborenen, nach einem mathematisch-naturwissenschaftlichen Abitur am Swarthmore College ein grundständiges Studium mit dem Bachelor of Arts in History abschließenden Verfassers, der 1988 den Master of History erwarb. Seine Dissertation widmete sich der Potestas in  hochmittelalterlichen Kommentaren Frankreichs. Über die Stanford University gelangte er 2011 als Professor für Geschichte des Hoch-- und Spätmittelalters an die Universität Wien, die er auf Grund fundamentaler Differenzen betreffend die Leitung der Universität und ihrer ethischen Prinzipien gerne verlassen würde.

 

Das vorliegende, geschichtliche Wurzeln aktueller Gegebenheiten überzeugend freilegende Werk gliedert sich nach einer Einleitung über das Objekt dieser Geschichte in sieben Sachkapitel. Sie betreffen etwa den amerikanischen Way of War im Spiegel der Vormoderne, die christliche Exegese im Verhältnis zur Gewalt, das Märtyrertum, die Zwillingsbrüder nationaler heiliger Krieg und Sektiererterror, Freiheit und Zwang sowie das Subjekt der Geschichte. Am Ende seines spannenden, als Essay angelegten Buches fragt der Verfasser sich und den interessierten Leser, ob die von ihm an Hand vieler Beispiele behandelte Vergangenheit eine Zukunft haben kann und glaubt, dass die Kraft der Dialektik zwischen Krieg und Frieden den gerechten Krieg als normativen Wert wohl weiter am Leben erhalten wird – umkämpft und umstritten, aber präsent.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler