Birnbaum, Sabrina, Konkursrecht der frühen Augsburger Neuzeit mit seinen gemeinrechtlichen Einflüssen (= Augsburger Schriften zur Rechtsgeschichte Bd. 24). LIT Verlag Münster 2014. XV, 241 S. Besprochen von Gunter Wesener.

 

Vor mehr als einhundert Jahren erschien von Friedrich Hellmann eine Arbeit über „Das Konkursrecht der Reichsstadt Augsburg“ (Breslau 1905). In ihrer Augsburger Dissertation hat nun Sabrina Birnbaum, eine Schülerin Christoph Beckers, die Entwicklung des Konkursrechtes in Augsburg in der Frühen Neuzeit untersucht, wobei die römisch-gemeinrechtlichen, aber auch die partikularrechtlichen Einflüsse eingehend erörtert werden. Verwertet wurde in starkem Maße auch Aktenmaterial des Augsburger Stadtarchivs vornehmlich aus dem 16. Jahrhundert (S. 11), was zu neuen Erkenntnissen geführt hat.

 

Vorläufer von Konkursregelungen finden sich im dritten Teil des Augsburger Stadtrechts von 1276, dem Burggrafengerichtsbuch, das die niedere Gerichtsbarkeit des Burggrafen regelte. Dieses Stadtrecht beendete die bischöfliche Herrschaft in Augsburg. Wesentlich für das Augsburger Konkursverfahren sind Fallitenordnungen, d. h. Dekrete des Augsburger Rates aus den Jahren 1564 bis 1580. Maßgeblich sind ferner die Prioritätsordnungen des Augsburger Rates von 1549 und 1599. Die Entstehung des Konkursrechts traf in Augsburg im 16. Jahrhundert mit der Rezeption des römisch-gemeinen Rechts zusammen. Parallelen zur Entwicklung des Konkursrechtes in den österreichischen Ländern sind zweifellos gegeben (vgl. G. Wesener, Zur Entwicklung des Konkursrechtes in den altösterreichischen Ländern, vornehmlich im 16. und 17. Jahrhundert, in: Festschrift Hermann Baltl zum 60. Geburtstag, Innsbruck 1978, S. 535ff.).

 

Der zweite Teil, der Hauptteil der Untersuchung (S. 21-192), behandelt in systematischer Weise das Augsburger Konkursrecht des 16. Jahrhunderts. Dargestellt und erörtert werden der Ablauf eines Konkursverfahrens, Mittel zur Abwendung eines Konkursverfahrens (cessio bonorum und Zwangsvergleich), ferner die Folgen eines Falliments wie das Arrestverfahren sowie die Verdrängung des Arrestverfahrens im Zuge der Rezeption (S. 72ff.).

 

Ein Augsburger Gesetz vom Jahre 1439 lässt ein Abgehen vom Prioritätsprinzip erkennen (S. 73); allmählich setzte sich das Prinzip der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung durch. Umstritten ist allgemein die Frage, ob dieses Prinzip auf italienische Einflüsse zurückzuführen ist oder ob es sich um eine eigenständige Entwicklung in Deutschland gehandelt hat (dazu Wesener, Zur Entwicklung des Konkursrechtes cit. S. 539ff.). Die Verfasserin (S. 99) kommt für Augsburg zum Ergebnis, dass für die Wende vom Prioritätsprinzip zur Gleichbehandlung der Gläubiger römisches bzw. italienisches Recht maßgeblich war. Von Interesse ist auch der Vergleich von Augsburger und gemeinrechtlicher Rangfolge (S. 182ff.; zur Rangfolge der Gläubiger und Gläubigerprivilegien vgl. auch S. Hofer, „So haben Wir zur Beförderung des Credits vor nöthig befunden …“ – Kreditsteuerung durch Konkursrecht in der frühen Neuzeit, in: ZNR 26, 2004, S. 177ff.).

 

Die Verfasserin (S. 195) kommt zum Ergebnis, dass das Augsburger Konkursverfahren der Frühen Neuzeit weitgehend dem gemeinrechtlichen Verfahren entspricht, dass aber gewisse regionale Besonderheiten beibehalten wurden.

 

Die Untersuchung stellt einen wertvollen Beitrag zur Geschichte des Konkursrechtes, zugleich zur Rezeptionsgeschichte dar.

 

Graz                                                                                                              Gunter Wesener