Biographisches Lexikon der demokratischen und liberalen Bewegungen in Mitteleuropa 1770 bis 1848/49, hg. v. Reinalter, Helmut/Oberhauser, Claus (= Schriftenreihe der internationalen Forschungsstelle „Demokratische Bewegungen in Mitteleuropa 1770-1850“ Band 48). Lang, Frankfurt am Main 2015. XX, 831 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nach dem kurzen und klaren Vorwort Helmut Reinalters ist das langjährige Projekt der ehemaligen Forschungsstelle Demokratische Bewegungen in Mitteleuropa 1770-1850 an der geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck, aus der im Jahre 2000 das Privatinstitut für Ideengeschichte hervorging, mit drei Bänden der Jahre 1992, 2005 und 2011 abgeschlossen. Herausgeber und Verlag haben sich danach auf Grund des positiven wissenschaftlichen Echos zu einer aktualisierenden Neufassung in einem einzigen umfangreichen Lexikon entschlossen Es ist als Nachschlagewerk und Hilfsmittel zum Studium der Spätaufklärung, französischen Revolution, Restauration, Vormärz und versuchten Revolution der Jahre 1848/1849 in Bezug auf Deutschland, Österreich und die Schweiz gedacht.
Auch bei der Neuausgabe waren sich die Herausgeber bewusst, dass sie nicht alle frühen Demokraten und Liberalen des Untersuchungszeitraums erfassen konnten. Nach ihrer überzeugenden Ansicht haben sie aber die wichtigsten, teilweise unbekannten oder zumindest wenig bekannten Menschen aufgespürt, welche die bestehende Ordnung kritisierten und das herrschende politische System in Frage stellten. Nach Einstufungt der Herausgeber war dabei das Ziel der Demokraten ein bürgerlicher, parlamentarischer, säkularer Verfassungsstaat mit weitgehender Gewaltenteilung und gesetzgebender Volksvertretung, während die Liberalen an der bürgerlichen Ordnung unter einem aufgeklärten, weisen und einsichtigen Fürsten in einer konstitutionellen Monarchie ohne gewaltsamen Umsturz festhielten.
Unter diesen Gesichtspunkten sind auf der Grundlage der vorhandenen Literatur als Ergebnis jahrzehntelanger akribischer Forschung von zahlreichen Einzelbearbeitern schätzungsweise vierhundert politisch hervorgetretene, dem Rechtsstaat und Verfassungsstaat in Wort und bzw. oder Tat zum Durchbruch verhelfende Menschen zu einer biographischen, die Schriftenreihe definitiv abschließenden Einheit vereinigt. Sie beginnt, gegliedert nach den Räumen Deutschland, Österreich, Schweiz, Ungarn sowie Böhmen und Mähren, mit dem Kaufmann Johann Philipp Abresch (Neustadt/H. 1804-1. 8. 1861) und endet mit dem tschechischen Schriftseller Josef Liboslav Ziegler (Königgrätz 10. 7. 1782-Chrudim 23. 5. 1846). Wer immer sich mit den frühen liberalen und demokratischen Bewegungen Mitteleuropas befassen will, wird hier die insgesamt beste biographische Ausgangsgrundlage finden.
Innsbruck Gerhard Köbler