Besch, Werner, Luther und die deutsche Sprache. 500 Jahre deutsche Sprachgeschichte im Lichte der neueren Forschung. Erich Schmidt, Berlin 2014. 181 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der in Eisleben am 10. November 1483 als Sohn eines Bergmanns geborene Martin Luther wird nach kurzem Studium des Rechtes und anschließendem Studium der Theologie Professor der Theologie an der Universität Wittenberg. Als er unter Begründung der Erlösung des Menschen von seinen Sünden auf die Gnade Gottes statt auf Kauf von Ablass die christliche Kirche erfolglos reformieren will, spaltet er sie in Protestanten und Katholiken mit Folgen bis in die Gegenwart. Sprachgeschichtlich ist seine Übersetzung der Bibel aus dem Hebräischen und Griechischen sowie Lateinischen in das Deutsche, die im September 1522 für das Neue Testament und 1534 für die gesamte Heilige Schrift fertiggestellt wird, von hervorragender Bedeutung.

 

Mit ihr beschäftigt sich das vorliegende Werk des in Erdmannsweiler im Schwarzwald am 4. Mai 1928 geborenen, in Freiburg im Breisgau und Tübingen in Germanistik, Englisch und Geographie ausgebildeten, 1956 in Freiburg im Breisgau bei Friedrich Maurer mit einer Dissertation über den Lautstand der Mundart von Erdmannsweiler in seinen geographischen und zeitlichen Bezügen promovierten, 1965 mit einer Schrift über Sprachlandschaften und Sprachausgleich im 15. Jahrhundert habilitierten Germanisten, der nach seiner Habilitation nach Bochum berufen wurde und von 1970 bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1993 in Köln wirkte. Es ist in insgesamt 12 Abschnitte gegliedert. Sie betreffen nach einer Hinführung die Schreibsprachen vor Luther, die Schreibsprache und Druckersprache in Wittenberg, die Bibelübersetzung, die Sprachmächtigkeit und die lebenslange Spracharbeit Luthers, die Verbreitung der Lutherbibel, Äußerungen über das beste Teutsch im 16. und 17. Jahrhundert, Entstehungstheorien über unsere Schriftsprache, den Übergang vom Mittelhochdeutschen zum Neuhochdeutschen, Sprachschöpfer und Nachzügler, den langen Weg zur Einheit der deutschen Sprache und Daten späterer Normierungen und Festlegungen.

 

Im Ergebnis gelangt der Verfasser zu der überzeugenden Einsicht, dass Luther zwar die christliche Kirche spaltete, aber die deutsche Spracheinigung förderte. Am Ende einer langen, von Luther im Rahmen der kursächsisch-mitteldeutschen Schreibtradition Wittenbergs wesentlich beeinflussten Entwicklung stehen die am Ausgang des 19. Jahrhunderts vollzogenen Normierungen für Rechtschreibung und Aussprache seit 1876. Überzeugend erweist der Verfasser das Deutsche der Bibelübersetzung Martin Luthers als bedeutsamstes Gestaltungselement der neuzeitlichen deutschen Sprachgeschichte und plädiert neben der lebendigen Varietät des Gegenwartsdeutschen nachdrücklich für den weiteren Bestand eines Grundkonsenses einer verbindenden deutschen Standardsprache.

 

Innsbruck                                                                              Gerhard Köbler